In Cento Novella man list,
Da uns nach leng beschreiben ist
Der hoch poet Bocatius,
Wie ein jüngling Jeronimus,
Zu Florentz eines burgers sun,
Ein jungkfrawen hertz-lieb gewun,
Die eines schneiders tochter was,
Doch schön und züchtig ubermas.
Silvestra war ir nam genendt.
Inn gleicher lieb sie gehn im brendt.
Hertz-lieb eines das ander het.
Bald das sein mutter mercken thet.
Forcht sie, er näm sie zu der eh,
Schickt ihn gehn Paris in hertzweh,
Auff das sie sollich lieb abfreß;
Die im erst wuchs gar scharpff und räß,
Wann er kund ihr vergessen nicht,
Macht von der lieb etlich gedicht.
Nach zweyen jarn er wider kam,
Sein hertzlieb verheyrat vernam.
Unmutig für ihr hauß spacieret,
Zu lieb ir gieng, nachtes hofiret.
Doch det sie ihm dergleichen nye
Sam het sie ihn gesehen ye,
Wend all mal von im ir angsicht
Und wolt in auch ansehen nicht,
Wann Silvestra gegen ihm thet,
Wie eym frummen ehweib zusteht,
Die frembde lieb soll wenden ab,
Iren ehman allein lieb hab.
Der jüngling dacht willig zu sterben
Oder ihr hulde zu erwerben.
Eins nachts aß sie und ir mann auß.
Da stig der jüngling in ir hauß
Und inn ir kammer sich verstecket.
Als ir mann schlieff, er sie auffwecket,
Sprach zu ir mit niderer stimb:
Erschrick nit, mein hertzlieb! vernimb!
Ich bin Jeronimus, dein lieb.
Die fraw in ernstlich von ir trieb
Und sprach: Geh eylend von mir hin!
Eins andren lieb ich ietzund bin.
Weich! oder ich weck meinen mann.
Er fing wider zu bitten an,
Doch was an ir all bitt verlorn.
Er sprach: Ich bin so hart erfrorn;
Laß wermen mich ein vierteil-stund!
Diß wart im kaum von ir vergund,
So schmog er sich zu ihr hinein.
Betrübet ward das hertze sein
Unnd also unbeweget lag,
Bedacht in unmutiger klag
Seiner verlornen lieb hoffnung.
Der frawen hertigkeyt ihn zwung,
Das er zittert, verkert sein farb.
Stilschweigend an ihr seytten starb.
Als ihn darnach Silvestra wecket,
Lag er eyßkalt und todt gestrecket.
Da offenwart sies ihrem mann
Und sprach: Mein man, wie woltstu than,
Wann einer herein stig zu mir,
Zu erfüllen der lieb begir,
Wider mein willen bey-zuschlaffen,
Den ich mit worten hart thet straffen
Und im sein lieb gentzlich abschlüg,
Und sich vor layd bey im zu trüg,
Das er umbfiel und stürb darvon?
Mein man, was woltstu darzu thon?
Er sprach: ich wolt ihn bald verklagen
Und ihn nauß auff die gassen tragen.
Sie sprach: Mein mann, es ist geschehen,
Als, was ich dir hie hab verjehen.
Jeronimus, unser nachbeurin sun,
Der mich vor jaren lieb gewunn,
Der liget gleich da und ist tod.
Der armen seel genade Got!
Zuhand da stund auff ihr ehmon,
Trug den todten jüngling darvon,
Legt ihn für seiner mutter hauß.
Da man ihn fand, all freud war auß.
Als man in nun gen kirchen trug,
Silvestra inn sich selber schlug,
Das sie im war gewest so hart.
Ir hertz in lieb geöffnet wart,
Die sie von jugend ihm het tragen.
Fing an zu waynen und zu klagen
Und trang hin zu der todten par
Und neigt sich auff sein angsicht gar,
In grossem hertzleyd uberwunden,
Das all ir lebend geist verschwunden
Und auch tod alda ligend blieb.
War sagt Salomon von der lieb,
Sie sey starck wie des todtes schmertzen
Inn den recht liebhabenden hertzen,
Wo sie in rechter trew auffwachs.
Lieb macht lieb starck, so spricht Hans Sachs.
Anno salutis 1544, am 27 tag Novembris.
(Band 2 S. 213-215)
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Historia. Ein kleglich histori der liebe, wie zwey liebhabende menschen vor lieb sturben.
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