Historia, wie zwey liebhabende von einem salvenblat sturben.

Hört zu ein klegliche histori,
Wol zu behalten in memori!
Dieselbig sich begeben hat
In Florentz, der mechtigen stat,
Ein reich mechtiger burger saß,
Der het ein jungen sun, der was,
Wie das Bocatius beschrieb,
Hieß Paßquino, der selb het lieb
Ein junckfraw, hieß Simonia,
Eins armen mannes tochter da,
Welche umb lon must wollen spinnen.
Die wart in gleicher lieb auch brinnen.
Eins tags sie einander bekendten,
Wie sie in gleicher liebe brendten.
Er gab ir ein loß inn sein gartten,
Darinn er frölich ir thet warten.
Auff den sontag thet sie auffstan
Und thet, sam wolt sie wallen gan.
Heimlich sie inn den garten gieng.
Mit freuden groß er sie entpfieng,
Machten ihr lieb ein anefang,
Wiewol ir freud nicht weret lang.
Als sie spacierten hin und wider
In dem baumgarten auff und nider,
Beyde vol wunn und freude wasen.
Zu eym salvenstock nider sasen.
Pasquino brach ein salven-blat
Und riebe darmit an der stat
Sein zanfleisch, zeen und auch den mund,
Sprach: Salvey ist den zenen gsund.
Das ist erfaren offt unnd dick.
Als er das redt, im augenblick
Der jüngeling da uberal
Erzittert und groß auffgeschwal.
Sie erschrack ob dem unfal groß
Und zucket ihn bald auff ir schoß.
Zuhand verkeret er sein farb,
Der frauen in den armen starb.
Die fing an zu weinen und klagen,
Ir hend ob dem haupt zam zu schlagen.
Auß dem sein todt wurd offenbar.
Viel volckes kam geloffen dar,
Funden sein leib groß wie ein zeck,
Geschwollen und vol schwartzer fleck.
Das volck maint, sie het ihm vergeben,
Mit gifft genummen im sein leben.
Gefencklich fürt mans für gericht.
Kein wort sie mocht antworten nicht
Und stund in hertzenlayd erstarret.
Der richter ob der that ernarret.
Endtlich erfundt er einen sin,
Ließ sie inn gartten füren hin,
Zu erforschen durch all umbstend,
Wie er genommen het sein end.
Als er kam zu dem todten leib,
Sprach er zu dem betrübten weib:
Sag! wie und was hat er gethon,
Das er gestorben ist darvon?
Sie sprach: Da sey wir beyde sander
Im graß gesessen bey einander,
Ein blat vom salvenstock er zupffet.
Mit dem sie auch ein bletlein rupffet,
Rieb auch ir zenfleysch, zen und mund,
Zeigt im, wie er het thon; zu stund
Geschwal die fraw, verkert ihr farb,
Sanck nider, vor in allen starb.
Inn alles volck so kam ein grauß.
Sie hetten rath und gruben auß
Den salven-stock in diesem gartten.
Nach dem thetens alle gewartten.
Ein krot lag an des salven wurtzel,
Die het vergifft des salven sturtzel
Mit irem arg vergifften saugen,
Die sach mit fewerglasting augen
Die leut herumb so dückisch an,
Das von ir flohe yederman.
Doch warff man darauff dürres reiß
Sambt dürrem holtz geleicher weiß,
Wurd sambt der salven-stock verbrend.
Also hat die geschieht ein end.

Der beschluß.

Auß dem ein mensch sol lernen wol
Das er sich fleissig hüten sol
Vor der lieb ausserhalb ee,
Die alzeit bringet ach und wee.
Es steh geleich kurtz oder lang,
So ist lieb laydes anefang,
Wie uns das alt sprichwort bericht
Und man es denn auch täglich sicht,
Was hertzen-laids auß lieb erwachs
Ausserhalb der eh, spricht Haus Sachs.
Anno salutis 1540, am 23 tag Junii.
(Band 2 S. 223-225)
_____

Collection: 
1870

More from Poet