Historia. Der edel jung Cimon mit seiner lieben Ephigenia.

In Cipern saß ein edel man,
Hieß Arisippus wolgethan;
Der het ein sohn, Cimon genandt.
Den thet er hin nauß auff das land,
Zu bleiben in der bawren zunfft,
Weyl er war an sinn unnd vernunfft,
Gar nichtsen lernen kund und wolt.
Drumb ihm der vatter war abholt.
Eins tages Cimon auß spacieret,
Durch ein finstren walt refieret
Und fund in einer grünen wisen
Ein klares, küles prünlein fliesen,
Darbey ein schöne jungkfraw lag,
Ephigenia, umb mittag.
Cimon stund bey ir inn der grün,
Verwundert sich ob ihrer schün
Und wurd entzünd in liebe hitz.
Gescherpfft wurden sein sinn unnd witz
Und wurd geöffnet sein verstand
Und wolt nicht mehr sein auff dem land.
Kam haym und ward fleissig studirn,
Lerndt rennen, stechen und durniern
Und übt all ritterliche that
Für all junckherren inn der stat,
Warb darnach umb die jungkfraw zart,
Die doch vorhin versprochen wart,
Pasimundum, eym edlen jungen
Von Rodis; durch lieb wart bezwungen
Cimon, das er sich understan
Ein that, wie ein verwegen man.
Als man die braut gen Rodis sandt,
Da legt er an das schiff die hand
Und namb in die braut mit gewalt,
Wolt mit auff Creta faren bald.
Zu nacht erhub sich ein sturm-wind
Und schlug das schiff zu rück geschwind,
Die gantzen nacht; alls es wart tag,
Das schiff nicht ferr von Rodiß lag.
Die Rodiser auff sie außfuren.
Von den sie all gefangen wurn.
Inn ewig gfencknuß man sie schloß.
Darinn lag Cimon gar trostloß,
Sein hertzlieb nimmer mehr zu sehen.
Kürtzlich nach den tagen geschehen
Wolt Pasimundus hochzeit hon
Mit seiner braut gezieret schon;
Der-gleich sein bruder auff den tag
Wolt hochzeit haben mit anschlag.
Sein braut Casandra war genandt,
Die schönest in dem gantzen landt.
Die selb het auch der richter hold,
Sie ihm mit nichten lassen wolt.
Hielt mit dem gfangen Cimon rat.
Der war auch willig zu der that,
Und machten ein gwisen anschlag.
Zu abend auff den hochzeyt-tag,
Als man geleich aß das nachtmal,
Kamens gewappnet auff den saal
Und die hochzeit-lewt uberzugen.
Wer sich ir weret, sie erschlugen.
Bayd breutigam wurden gschlagen tod.
Der saal der floß mit blute rot.
Bayd brewt sie namen mit gewalt,
Kamen an die meerporten balt
Und sassen auff ein grosses schift,
Füren hin auff dem meere tieff
Und hetten darnach hochzeit bayd.
Verschwunden war ihr aller layd,
Wie das Bocatius beschreibt,
Darauß uns diese lehre bleibt,
Das die lieb etwan witzig macht,
Das man nach ehr und tugent tracht,
Doch wagen viel unglücks darneben,
Biß lieb mit lieb in lieb mag leben.
Das in bestendig freud erwachs,
Iedoch mit ehren, wünscht Hans Sachs.
Anno salutis 1546, am 26 tag Januarii.
(Band 2 S. 207-209)
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Collection: 
1870

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