Historia der schönen Magelona, eins königs tochter zu Neapolis.

In der Frantzosen cronica
List man, wie inn Provincia
Ein mechtig reicher grave saß,
Johan Ceriso genendt was.
Der het ein sohn mit seinem weib,
Hieß Petrus, schön, gerad von leib,
Höflicher art und ehrenfest.
Mit ritterspil war er der best.
Wo man kempffet, stach oder rendt,
Man ihn für all ander erkendt.
Eines tages er hören thet,
Wie das inn Neapolis het
Der mechtig könig Magelon
Ein adeliche tochter schon,
Die Magelona war genendt.
Sein hertz unerkandt gen ir brendt,
Weil er hört, das die tugent-milt
Wer auff erdt das schönst weibes-bild,
So von frawenleib wer geborn.
Darumb het er die zart erkorn
Und ein urlaub begeren thet,
Das er die königreich und stet
Beschawen möcht in weyter welt.
Sein vatter gab ihm gut und gelt,
Das er sich bey jungen und alten
Möcht adelich und dapfer halten.
Sein muter im vor allem ding
Zu letz gab drey köstlicher ring,
Der edel gstain het grosse krafft.
Darmit schied ab der tugenthafft,
Auffs haimlichst die raiß für sich nam.
Inn die stat Neapolis kam.
Zu einem wirte zug er ein
Gantz unerkant, das er allein
Möcht schawen der jungkfrawen zier.
Nun solt gleich werden ein thurnier
Vom künigklichen hofgesind.
Petrus rüst sich darzu geschwind
Mit helme, schildt, harnisch und sper.
Zwen silbrin schlüssel füret er
Auff dem helm und der renn-deck sein,
Zug unerkandt in dschrancken ein.
Der könig und sein tochter schon
Sahen vor der verschranckten pon
Auff eym geheuß dem thurnier zu.
Petrus übt sich on alle rhu
Für ander all in seinem stechen,
Thet ritterlich viel sper zerbrechen
Und stieß offt roß und mann ernider,
Wart bald zum treffen bhreytet wider.
Iederman auff den ritter sach
Mit den silbren schlüsseln und sprach,
Im stechen het er thun das best;
Doch wer er war, gar nyemand west.
Die schön jungkfraw Magelona
Preyset auch diesen ritter da.
Ir hertz inn lieb auch gen ihm brendt
Haymlich, wiewol sie ihn nit kendt.
Als er von dem thurnier zog ab,
Das glaid ihm inn die herberg gab.
Alles hofgsind gab ihm die ehr,
Auch alle andre herren mehr.
Nach dem der könig auff den sal
Petrum ließ laden zu dem mal
Und ihn an seinen tisch hin setzt,
Das er mit ehren wurd ergetzt.
Magelona zu tisch auch saß,
Die gantz englisch gebildet was.
Erst wurd entzünd ir bayder hertz
Inn wütig flammender lieb schmertz.
Als nun das mal ein ende het,
Magelona freundlich anredt
Den ritter und in lieb sich ayget,
Sich holdselig gen ihm erzeyget.
Nach dem Petrus die gantzen nacht
Lag und der jungkfraw nach gedacht,
Ir freundlich wort und augenblicken,
Darmit sie ihn het thun erquicken;
Dergleich die jungkfraw gantz und gar
Inn süsser lieb erflammet war.
Nun het sie ein getrewe ammen,
Der öffnet sie ir liebe flammen.
Die amb ir solch lieb wider-rieth;
Solt sich in lieb lon mercken nit
Gen eynem unerkandten ritter,
Es möcht zu endt ir werden pitter.
Magelona kert sich nit dran,
Batt ir ammen, zu ihm zu gan
Und ire lieb an in zu werben;
Wo nit, sie müst vor liebe sterben.
Als die amb diesen ernste sach,
Inn einer kirchen sie ansprach
Petrum, ir junckfraw het mit im zreden
Etwas haymlichs zwischen ihn beden.
Der ritter die botschaft entpfing,
Schickt Magelona die zwen ring
Inn rechter lieb und auff den tag
Kam er haymlich auff ihr ansag,
Da eins dem andern frey bekennet,
Wie es in strenger liebe brennet.
Erst bekendt er auff ir beger,
Wie er hiese und wer er wer.
Doch thet er, sam wolt er haym raysen.
Magelona pat in mit haisen
Zehern, das er doch bey ir blieb.
Schied er von ir, in strenger lieb
Müst sie auch iren gaist aufgeben,
Wan on in mocht sie gar nit leben.
Mit armen in die zart umbfieng,
Ein ketten an sein hals im hieng,
Sprach: Damit ich in steter lieb
Mich dir zu aim gemahel gieb.
Petrus sie da vermeheln thet
Mit seinem ring, den er noch het,
Und mit ir einen anschlag macht,
Wie sie haimlich die ander nacht
Mit einander wolten darvon
Stil und haimlich vor yedermon,
Eh wann ir lieb wurd offenbar,
Dardurch sie kemen in gefar.
Auch wolt ir vatter Magelon
Ir geben einen andren mon.
Deß namen sie zu nacht die flucht.
Frü ward die zart jungkfraw gesucht.
Der könig aber ließ nach eylen
Auff etlich straß in etlich meylen.
Da man sie aber niergend fund,
Der königin vor layd geschwund
Und auch dem könig; bayde-samen
Inn grosses hertzenlayde kamen.
Petrus mit seiner Magelon
Rietten die gantz nacht schnell darvon
Im holtz, abwegs, kein rechte straß.
Als es aber frü tagen was,
Ward Magelona müd und mat.
Petrum ein weil zu ruhen bat.
Vom pferd er sie abheben was
Und setzt sich zu ir in das graß.
Ir haubet neigt sie in sein schoß.
Der schlaff ir zart augen beschloß
Und schlieff dahin gar senfft und leiß.
Der ritter beschawet mit fleiß
Ir schön, darob verwundert sich.
In dem erblickt er haymelich
Ein zendel rot zwischen ihrn brüsten.
Da begert er zu sein wol-lüsten
Zu schawen, was darinnen wer.
Sein drey ring fund darinnen er.
Darbey merckt er ihr lieb nit klein,
Legt den zendel auff einen stein
Und schawt weiter der schönen zu,
Wie sie da lag in süser rhu.
Inn dem ein falck im lufft war schweben.
Der sach den rothen zendel eben,
Maint, es wer fleisch; mit ungstüm groß
Herab er auß dem luffte schoß,
Zuckt auf den zendel mit den ringen,
Thet sich hoch auf ein baumen schwingen.
Petrus erschrack des unfals scharff,
Fur auff, mit stein zum falcken warff,
Ihn von eym baum zum andren trieb,
Ließ schlaffen liegen sein hertzlieb.
Zu letzt der falck im walt auffstund,
Auff ein fels im meer fliegen gund.
Petrus aus meers gestatte lieff,
Fund endtlich ein zerbrochen schieff,
Auff dem fur er hinnein das meer,
Warff zum falcken mit staynen sehr,
Der die ring ins meer fallen ließ.
Ein sturme-wind das schiff hin stieß
Ins meer, da es fing an zu sincken.
Petrus verwag sich zu ertrincken
Und befalch Gott sein arme seel.
Sich erhub noch mehr ungefel.
Ein raubschiff kam mit Moren gangen,
Welche namen Petrum gefangen.
Als er wol gfiel dem schiff-patran,
Wolt er in schencken dem Soldan.
Auff Alexandria zufur.
Dem Soldan er geschencket wur.
Bey dem ward Petrus wol gehalten
Zu hof von jungen und von alten,
Wann er war adelich gestalt.
Gar höflich er dem soldan alt
All tag zu tische dienen war.
Das weret auff sechs gantzer jar.
Iedoch er bayde tag und nacht
An sein Magelona gedacht,
Die er im walt verlassen het.
Eins mals urlaub begeren thet,
Zu sein eltern er haym begert.
Der Soldan in gnedig gewert.
Da rüst er sich auff die haimfart.
Hört furbas von der jungkfraw zart!
Als die jungkfraw im walt erwachet,
Mit seufftzen sie weynet und achet.
Als Petrus nit mehr bey ir war,
Sie wund ir hend und raufft ir har,
Rüfft ihn und sucht ihn uberal
Im walt hin und her berg und thal,
Maint, wilde thier, beren und löben
Die hetten ihn zerrissen eben.
Inn layd den tag ungessen blieb.
Die nacht mit wayn im walt vertrieb.
Frü kams ungfer an die landstraß.
Da ir ein fraw begegen was,
Die gen Rom kirchfarten gehn wolt.
Magelona bat die, sie solt
Mit ihr tauschen ihr kirchfart-kleyd.
Bald wurdens des tauschs einig bayd.
Magelona die tugentreich
Klaydt sich einer wellerin gleich,
Zug mit dieser frawen gen Rom.
Nach dem in Provincia kom
Sam bilgrams-weiß gar unerkandt,
Kam inn ein spital in dem land,
Darinn sie spital-meistrin war,
Und fragt auch haimlich immerdar
Nach Petro dieses graven sohn,
Wo der war; do west nyemand von.
Nun lag der spital nit sehr weyt
Von des graven hof zu der zeit.
Derhalb die grävin oft dar kam,
Kundschafft mit Magelona nam,
Deß ritters mutter, und ihr sagt,
Von Petro, ihrem son, ir klagt,
Wie er nun aussen wer fürwar,
Verloren biß ins sibend jar,
Forcht, ir sun wer nit mehr bey leben;
Sie het drey köstlich ring im geben,
Welche man het gefunden frisch
Vor langer zeit in eym meerfisch;
Derhalb forcht sie, er wer verdorben,
Im meer eins grewling todts gestorben.
Magelona die ring wol kendt,
Iedoch dorfft sie sich an dem endt
Gegen der grävin gar nit melden;
Forcht, sie wurd sehr zürnen und schelten,
Sam sie ihrs sohns tod ursach wer.
Ir hertz das wurdt ihr haymlich schwer,
Tröst doch die grävin an den ortten
Mit holdseligen süssen wortten.
Sie aber war inn todt betrübet,
Inn klag und layd sich haimlich ubet
Tag unde nacht und dacht:O Got,
Ist mein hertzliebes lieb denn todt?
Von des wegen ich gar haimleich
Verließ Neapolis, das reich,
Hab meiner eltern huld verlorn
Und Got beweget auch in zorn,
Auch meine eltern alle bayde
Bracht inn das höchste hertzenlayde.
Solliches hab ich billich müssen
Mit diesem grossen ellend büssen.
Ir hoffnung war gar tod und ab,
Ins ellend sich gleich gar ergab
Und wartet im spital der armen
Und krancken, thet sich ir erbarmen.
Das trieb sie fast auff siben jar,
Biß Gott ihr elend wenden war.
Hört weytter wunderliche ding,
Wie es dort ritter Peter gieng!
Als er nun abgefertigt wur
Vom Soldan und frölich abfur
Und wolt haym in sein vatterland,
Inn Provincia obgenandt,
Mit grosser schenck von dem Soldon
So schied er ab von Babilon.
Inn die insel Sagena kam.
Da stund man auß in Gottes nam.
Darinn man süsses wasser fund.
Das trug man ihn das schiff zu stund.
Petrus der gieng ein weil spaciern,
Inn der öden insel refirn
Und kam auff einen acker schön;
Da fund er rot, gäl, braun und grön
Blumen, darein er sich bald setzt,
Sich seins unmuts ein klein ergetzt
Unnd dacht gar innigklichen da
An sein schöne Magelona.
Vor sehnen vnd trawrigem schmertzen
Fieng er an zu wainen von hertzen,
Die er so ellend het verlorn.
Inn dem ist er gantz schläffrig worn
Und uberweltigt ihn der schlaff,
Da ein lieblicher traum ihn traff,
Wie Magelona, das schön pild,
Ihm brecht ein krantz in dieser wild.
Inn dem stund auff ein guter wind;
Der patron wolt abfaren gschwind,
Iederman eylet zu dem schiff.
Petrus solliches als verschliff.
Inn dem da stieß das schiff von land.
Nach dem erwacht Petrus zu hand,
Loff an den port, das schiff nit fund.
Deß erschrack er von hertzen-grund
Und sanck gleich dahin in amacht.
Inn dem zwen fischer gen der nacht
Lendten in dieser insel ein,
Da fundens den ritter allein
Halb todt liegen, den sie umgaben,
Und theten in trösten und laben,
Fürten ihn gehn Trapana dar,
Da ein herrlicher spital war.
Darinn lag er neun monat kranck.
Eins tags thet er ans meer ein ganck.
Da fund er ein schiff, das zuhand
Wolt faren in sein vaterland.
Er saß kranck auff und mit abfur
Inn Provinci und gleich wur
Gethan in diesen spital da.
Die schön jungkfraw Magelona
War spitalmaisterin benent.
Iedoch gar keins das ander kendt.
Das ellend het sie gemachet hager,
Ungstalt, hellich, thür und mager.
Petrus sich aber seufftzendt klagt
Ob dem unglück, das ihn het plagt,
Lang zeyt sein freud im het zerstört.
Als sollichs Magelona hört,
Da erkendt sie warhafftig, das
Er ir hertzlieber Peter was.
Doch schied sie unerkennet ab.
Hört weytter, wie es sich begab!
Magelona die thet sich kleyden
Inn purpur, sammet und inn seyden,
Inn allem furme und gestalt,
Wie er sie dort het in dem walt
Verlassen, und kam zu im gangen
Und thet also ir red anfangen:
Hertzlieb, sey frölich, wie gebürt!
Ich bin, die du hast hin gefürt
Auß meym köngkreich inn das ellend,
Die du verliest an wildem end.
Ich bin Magelona, dein gmahel,
In lieb und trew fest, wie der stahel.
Ritter Peter frölich auffsprang,
Mit eym freundlichen umbefang
Gab er ir ein kuß an den mund.
Vor freud ir keins mehr reden kund
Kein wort ein zeit, nach dem sie zam
Sassen gar frölich baydesam,
Nach leng an einander beschieden,
Was ihr ieglichs het erlieden
Inn dem ellend auff siben jar.
Nach dem wurden sie frölich gar.
Magelona klaid sich zuhand
Wider inn ir spital-gewandt
Und gen hof zu dem graven gieng
Und der grävin, frölich anfing:
Leget all ewer trawren hin!
Gut botschafft ich euch bringen bin.
Ewer sun Petrus der ist gfunden.
Kumbt bald mit mir! schawt in zu stunden!
Der graf gar hoch erfrewet war,
Gieng mit der frawen eylend dar.
Da funden sie in dem spital
Petrum, ihren sohn, auff dem sal,
Schön bekleydet, der mit verlangen
Von vatter, muter wurd umbfangen.
Nach dem die schön Magelona
Warff hin ir spital-kleydung da,
Kam als eins königs tochter schon.
Nach dem fing ritter Peter on,
Erzelet da von stück zu stück
Ir bayder glück und ungelück,
Das sie hetten erlidten beyde
Inn liebe unnd darzu inn leyde.
Der alt graf fürt sie alle dar
Ind kirchen, für den hoch-altar
Knietens und danckten alle Got,
Der ihn geholffen het auß not,
Unnd gabe sie in Gottes namen
Mit grosser freud ehlich zusamen.
Die freud die ward verkündet da
Im gantzen land Provincia,
Das der jung graf gefunden wer.
Nach dem hielt man in wirden her
Vierzehn tag ein fürstlich hochzeit
Mit grossem pracht und herrligkeyt,
Mit rennen, stechen und thurnieren,
Mit dantzen, singen und hofieren.
Als die hochzeit ein ende numb,
Abzog der adel widerumb.
Petrus der thet inn freuden schweben
Mit seiner Magelona leben,
Die im ein jungen sohn gebar,
Welcher darnach ein könig war
In Neapolis groß in glori.
So end sich die lieblich histori.

Beschluß.

Auß dem man hie drey stück sol lern:
Erstlich, das man auff zucht zu ehrn
Die eltern ziehen ihre kind
Und haben acht auff ihr gesind,
Auff das ir töchter behüt seyen
Vor cuplerey und bulereyen;
Zum andren, das jungkfrawen fliehen
Sollen manßbilder, sich ein ziehen,
Hüten, das nicht die wütend lieb
Sie hinderschleich gleich wie ein dieb,
Die sie verwegen durch vil dück
Stürtz inn schand, schad und ungelück;
Zum dritten, wenn auch der unfal
Mit gwalt ist reyten uberal,
Das er darundter nit verzag,
Wann Gott als unglück wenden mag.
Wer ihn anrüfft und ihm vertrawt,
Derselb auff einen felsen bawt.
Das glück wider grün, blü und wachs,
Das wünschet zu Nürnberg Hans Sachs.
Anno salutis 1554, am 28 tag Februarii.
(Band 2 S. 251-261)
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