Nähe und Ferne

Nicht in vergangne, nicht in künftge Ferne
Zieht Sehnsucht Dich und hoffendes Verlangen;
Nur an der Gegenwart liebst Du zu hangen
Und greifst das Leben so im innern Kerne.

O diesem Beyspiel folgt' ich nur zu gerne
Und hielte Deine Gegenwart umfangen;
Doch, kaum erschienen, bist Du mir vergangen
Und lässest mich allein in jener Ferne:

So leb' ich im Erinnern nur und Hoffen,
Von Dir getrennt, ein einsam Dämmrungsleben,
Des vollen Tages sehnsuchtsvoll gewärtig;

Ja ewig bliebe mir der Himmel offen,
Der reine Tag im goldnen Lichte schweben -
Wärst Du, o Sonne, nur mir gegenwärtig! -

Collection: 
1816

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