Sieh, das fahle Grau am Horizonte
Wird sich bald mit starken Wäldern krönen,
Und der Hügel dort, der stillbesonnte,
Ist schon hellgestirnt mit Tausendschönen.
In den Lüften spielts wie weiche Geigen,
Und die Winde wehen frohe Takte;
Eine Eiche wiegt sich stolz im Reigen,
Knospenschleier hüllt die göttlich nackte ...
Siehst du, wie die Quellen tanzend springen?
Die da lagen in kristallnen Ketten?
Wie sie sich hinaus zu Strömen ringen.
Und ins Freie, Uferlose retten?
Siehst du nicht die tausendschönen Auen?
Fühlst du nicht den großen Lebenswillen
Wie aus unsichtbaren Schalen tauen.
Und empor aus Erdengründen quillen?
Alle, alle goldnen Lebenstriebe
Müssen am Erfüllungstage reifen;
Und aus Herzensengen muß die Liebe
Wachsend in die frohe Weite schweifen.
Laß dich lächelnd von dem Frühling führen,
Gib die Seele frei an seine Sonne!
Offen findst du meines Herzens Türen,
Wo du bergen kannst die Knospenwonne ...
aus: Alberta von Puttkamer – Jenseit des Lärms. Dichtungen
Schuster & Loeffler, Berlin und Leipzig, 1904