Es lag ein heißer Harzduft ob der Heide -
Die Früchte reiften dunkelrot und sacht -
Ein sel'ger Julitag, ach, da wir beide
Zum letzten und zum hellsten Mal gelacht ...
Wir hatten nie von Liebe noch gesprochen,
Du wußtest auch: ich war dem Wunsch nicht frei;
Doch plötzlich war's, der Tag sei angebrochen,
Da nichts als wir, auf Erden lebend sei.
Du hattest mich als Knabe einst verlassen,
Wir hatten uns, wie Kinder, jubelnd lieb;
Da riß das Leben dich durch seine Gassen,
Bis es dich fremd an fremde Ufer trieb -
Was kommst du nun? Die Kindheit ist versunken,
Das Glück und ich sind dir verloren längst,
Und machst mich aus dem Jugendborne trunken,
Den du süßfordernd mir zur Lippe drängst?
Du sprachst: "Sing einmal noch mit mir den Reigen,
Und schwing dich einmal noch im Kindertanz -
Du mußt dich eng an meine Schulter neigen,
Von Sternenblumen flecht' ich dir den Kranz."
Da überkam es mich - ich schloß die Hände
Um deinen Nacken, - und ein sel'ger Schrei,
Wie Kinderlachen, flog durchs Waldgelände.
Da rang sich die gefangne Seele frei -
Denn Jedem reift einmal empor die Stunde,
Wo so allmächtig wird die Daseinsglut,
Daß sie sich einzig leben fühlt am Munde
Der Liebe - und die Welt vergessen ruht ...
Du sprachst: "Ich weiß es wohl, du lebst in Ketten,
Und du bist stolz, und ob dein Herz auch liebt,
Du wirst es nie an diese Brust hier betten
In freier Seligkeit, die alles gibt."
Ich sagte leis: "Stör Geister nicht, die schlafen,
Ruf nicht den scheuen Wunsch empor zur That!
Ist's nicht genug, daß sich die Seelen trafen
Auf einem unentrinnbar süßen Pfad?"
Du wurdest tiefrot - recktest auf die Arme,
Wie fordernd, fragend in die Sommerluft,
Als ob der Jugend Hochstrom, dieser warme,
Aufbraust und nach dem andern Leben ruft ...
Ich aber löste langsam meine Hände,
Die Sternenblumen fielen welk dahin;
Ich weiß, du sahst in meinem Blick das Ende, -
All meines Lebens Thränen blitzten drin ...
Das Ende! als noch kaum das Glück begonnen!
Das ist das Schicksal aller Seligkeit:
Wenn eben hoch geflammt die Welt in Sonnen,
Wandert herauf die lange Dämmerzeit -
aus: Offenbarungen. Dichtungen von Alberta von Puttkamer
Stuttgart 1894