Das waren immer deine Lieblingsblüten,
Die goldnen Himmelsschlüssel auf der Wiese,
Die jenen dämmerdunklen Parkweg hüten
Wie zarte Wächter vor dem Paradiese.
Und, weißt du, wo der Pfad verschwand im Fernen,
Da sahen wir noch weit die Blumen funkeln:
So zieht das Licht von längst versunknen Sternen
Mit traumverlornen Wanderern im Dunkeln.
Im Vorlenz war's; ein linder Tag im Märzen,
Die Blättlein flockten goldenzart am Aste -
Da war in unsern beiden bangen Herzen
Das Paradiesesglück traumlang zu Gaste ...
Traumlang! - es durfte ja die Märchenblicke
Im Scheuen, im Geheimen nur erheben;
Denn dort am Edenthor stand, die Geschicke
Mit Flammenschwerte richtend, Tag und Leben ...
Und über deine Stirne kam's von Leiden
Wie Totenglanz. Und meine beiden Hände
Umfingst du hastig: "Lieb, wir müssen scheiden -
Der süße Anfang ward uns jäh zum Ende." -
Und wir sind weinend in den Tag gegangen ...
Ein Himmelsschlüßlein hast du noch gebrochen;
Doch tiefe Blässe trat auf deine Wangen,
Als aus dem Kelch ein schwarz Insekt gekrochen.
"Ich weiß es wohl," begannst du leis zu klagen,
"Im Leuchtgrund alles Schönen wohnt Verderben;
Der Tod steht wachend über unsern Tagen,
Und jeder Seligkeit droht frühes Sterben."
Ich hab' dich dann mein' Tag nicht mehr gesehen ...
Du lebst! und wurdest dennoch mir zum Schatten.
Und meine Seele kann es nicht verstehen,
Daß nie dein Fuß mehr heimkehrt zu den Matten.
Und daß du nie mit ersten Früh-Lenztagen
Mir aufgehst wie ein Glanz vom Paradiese -
Daß meine Augen ins Verlorne fragen,
Und - nur die Blumen leuchten auf der Wiese! ...
aus: Offenbarungen. Dichtungen von Alberta von Puttkamer
Stuttgart 1894