Es war in solchen sommerjungen Tagen,
Wo Seligkeit in allen Pulsen drängt,
Und was die Bäume knospend einst getragen,
Hingebend reif in allen Zweigen hängt.
Wir waren weit vom Schloß ins Land gegangen,
Auf fremden Wegen, die ich nicht mehr weiß, -
Auch unsre Sehnsucht reifte zum Verlangen,
Und unsre Wangen brannten jugendheiß ...
Der Bergwald webte amarantne Schatten,
Als schlöß er heimlich hinter uns die Welt,
Und weit aus allen thalversunknen Matten
Kam es wie Duft von reifem Korn gewellt.
Gewiß, mir war's, ich müßte tiefhin lauschen,
Als hört ich alle Lebensströme gehn,
In warmem Rinnen diese Welt durchrauschen,
Und Kraft und Lust aus ihrer Schwingung wehn.
Und unsre und der Erde Pulse beben
In Sommerschauern dieser reichen Zeit;
Ein Wille, ein allmächtiger, zum Leben
Ward in uns wach in Kräfteseligkeit.
Dein Auge lachte mir mit warmen Fragen, -
Die erzne Stirn von Locken wild umschmiegt,
So schienst du wie ein Held aus frühen Sagen,
Der fragelos und ohne Kämpfen siegt.
Tiefeinsamkeit lag rings; nur Falter hingen
Sich taumelnd mir ins Haar und ans Gewand ...
Du sprachest: "Ist es nicht, als ob wir gingen
So weltabseits in einem Märchenland?"
"Ich bin der Prinz, der dich aus Drachenfängen
Erlöst und heimwärts leitet auf sein Schloß,
Aus Nacht und Gifthauch und aus grimmen Engen
In Sonnenfreiheit als sein Glückgenoß.
Siehst du, das Abendrot legt güldne Bänder
Auf deiner Stirne braunes Haargekraus,
Dich tragen fast wie Schwingen die Gewänder,
Als flögst in einen Himmel du hinaus. -"
Und zärtlich flüstert eine wilde Taube,
Und flog ins Heidedämmern uns voran -
Beglänzte Zweige flochten eine Laube,
Und hinter uns verwuchs zur Welt die Bahn ...
aus: Offenbarungen. Dichtungen von Alberta von Puttkamer
Stuttgart 1894