In diesen herbstlich klaren Tagen,
Wo Schwalb' und Star nach Süden fliehn,
Möcht' ich - vom Dampfroß fortgetragen -
Mit dir zu meiner Heimath ziehn.
Eh' Wald und Flur sich sterbend neigen,
Bedeckt von weißem Flockentanz,
Möcht' ich die theuren gern dir zeigen
Im letzten Sommersonnenglanz.
Im stillen Waldthal möcht' ich schreiten
Mit dir, wo Blatt um Blatt verweht,
Wo sanfte Bäche murmelnd gleiten
Und sonder Rast das Mühlrad geht.
Vom Waldrand möcht' ich niederschauen,
Wo braun des Nutzbaums Frucht uns winkt,
Indes im Thal auf Flur und Auen
Der Glanz der Sommerfäden blinkt.
Durch Fluren, wo des Feuers Flammen
Verzehren dürres Stoppelkraut,
Hinschritten rüstig wir zusammen
Zur Stadt, die traut aus Linden schaut.
Den Lindengang auf hohem Walle
Führt' ich dich, wo ich Jahr um Jahr
Im Lenz gelauscht des Finken Schalle
Und scheiden sah der Störche Schar.
Die Kirche auch ließ' ich dich schauen,
Wo ich vordem in heil'ger Nacht
Mitsang, durchbebt von süßem Grauen:
"Das ist der Tag, den Gott gemacht."
Wir säh'n die Stätten all', die alten,
Wo ich zum Spiel der Knaben flog,
Nicht ahnend, daß des Himmels Walten
Mir fern ein Weib wie dich erzog.
Mit dir naht' ich den Häusern wieder,
Wo hinter Blumen, schön und mild,
Mich lehrend erste scheue Lieder,
Einst saß manch süßes Mädchenbild.
Und beichtend würd' ich froh dir sagen,
Daß warm, bis einst mein Leib zerstiebt,
Nur dir fortan mein Herz wird schlagen,
Daß ich kein Weib wie dich geliebt.
Aus: Gedichte von Albert Moeser
Erste Sammlung
Dritte sehr veränderte und vermehrte Auflage
Hamburg Verlagsanstalt und Druckerei Actien-Gesellschaft
1890