So oft mich Liebe täuschte, vereist und todt
Wähnt' ich mein Herz gleich, fluchte der Leidenschaft,
Der Freiheit froh und sturmlos-milder
Ruhe, die lind mir im Busen einzog.
O eitler Wahn! es schlummert das Herz, doch nie
Erstirbt's; noch weckt mir heiligen Schauer stets
Ein schmachtend Frauenaug', der Schultern
Blendende Pracht und ein Schwanenbusen.
Und jedes hold-erblühenden Jünglings Bild
Weckt mir nach Freundschaft sehnenden, weichen Drang
Es bebt mein Herz und zittert - Wo doch
Bleibt mir der Frieden, der nie erjagte?
Aufs neu erwacht im Busen der alte Traum,
Der Traum des Glücks; aufjauchz' ich und trachte heiß,
An theure Lippen festgebannt, ein
Lieblich-beseligtes Sein zu leben.
Und ich erkenn's und glaube: die Leidenschaft
Ist Leben einzig, todt ist ein leeres Herz,
Und auch der Liebe herbster Schmerz dünkt
Seliger mich als des Kaltsinns Frieden.
Drum sei der Liebe Lust und der Liebe Leid
Mein Los, mir schweige nie der Gefühle Sturm:
Wann je des Herzens reger Schlag stockt,
Götter, ich flehe, dann laßt mich sterben!
Aus: Gedichte von Albert Moeser
Erste Sammlung
Dritte sehr veränderte und vermehrte Auflage
Hamburg Verlagsanstalt und Druckerei Actien-Gesellschaft
1890