Zuweilen dünkt es mich, als hört'

Zuweilen dünkt es mich, als hört'
Ich eures Hofhunds heiseres Gebelle,
Den ich so oft des Nachts aus seinem Schlaf gestört,
Wenn ich durch's thauige Gras zur wolbekannten Stelle
Mich schlich, vom süßen Wahn bethört.

Wie trieb im Pappelbaum der Wind sein Spiel,
Daß Blatt um Blatt gespenstisch rauschte,
Wenn ich empor zu deinem Fenster lauschte,
Aus dem das Lispelwort der Liebe fiel!
Wir lachten, seufzten, lachten wieder;
Ein Blumenstrauß, den du am Tag gepflückt,
Ein Handschuh, drauf du einen Kuß gedrückt,
Flog unversehens in den Kies hernieder.
Nach oben schaut' ich unverrückt,
Und doch, ich sah dich nicht, undeutlich nur
Hob sich das weiße Nachtkleid aus dem Dunkeln,
Derweil hoch über'm Dach durch der Augustnacht Funkeln
Ein Wetterleuchten um das andre fuhr -
Just wie geheimstes Sehnen sich verrät,
Aufblitzt und schweigt und wiederkommt und geht.

Wer bringt uns nun in ferner Einsamkeit
Ein Stündlein nur zurück aus jener schönen Zeit?
Mir ist es just, als seist auch du erwacht
Und sähst hinab zum Garten in die Nacht.
Der Hofhund bellt; warum? Es regt sich Nichts -
Nur über's lange Gras im Glanz des Mondeslichts
Schwebt elfenhaft vom Säuselwind getragen
Ein Traum von Lieb' und Glück aus halbverschollnen Tagen.

Collection: 
1883

More from Poet

  • Sie sagen All', du habest mich verlassen,
    Erlegen sei dein Mut dem langen Leid,
    Sie wispern's leis, sie schrei'n es auf den Gassen
    Und wünschen Glück zur neuen Zeit.

    Dein Vater schickt mir uns'rer Liebe Pfänder,
    Zerdrückte...

  • Schau, noch steht das Fenster offen,
    Draus mein Lieb mit Mund und Hand
    Heut in der Früh, heut in der Früh
    Mir den letzten Gruß gesandt.

    Nun das Abendroth verdunkelt,
    Tritt sie nimmer in die Flur;
    Weit in die Welt,...

  • Auf meinen Wimpern liegt's wie Blei,
    Die müden Glieder schwanken,
    Im Knäul verworrner Träumerei
    Verenden die Gedanken.

    Der Tag war freudlos zugebracht,
    Drum vor dem Schlafengehen
    Wünsch' ich mir selbst zur guten...

  • Wenn unverwandt an deinem Aug' ich hänge,
    In heilgem Ahnen streife dein Gewand,
    Dein Ohr mit leisem Schmeichelwort bedränge,
    Nicht lassen will aus meiner deine Hand:

    Dann sage nicht, daß ich in frühern Tagen
    Vor dir geliebt so...

  • Ich weiß ein Stübchen in der Dämmerzeit;
    'S ist wol zur Strafe meiner ärgsten Sünden,
    Daß ich es meiden muß, wenn's bläst und schneit,
    So eh' im Hause sie die Lichter zünden.

    'S ist alles still; im Ofen knistert's blos,
    Und vor...