Seitdem du mich verlassen hast

Seitdem du mich verlassen hast,
Verließ mich auch der Schlummer,
Unrast ward mein beständiger Gast,
Mein Bettgenoß der Kummer.

Ich glaub', auch du hast viel geweint,
Dein Auge sah ich glänzen;
Nun bist du ruhig, wie es scheint,
Und fährst zu Spiel und Tänzen.

Da stellt' ich mich an's Treppenhaus
In's gaffende Gedränge:
Ein Wagen hielt, du stiegst heraus,
Und Lob gieng durch die Menge.

Wie schien dein Putz zum Hohn mir gar!
Anstatt der Myrtenkrone,
Die einst ich träumt', umfieng dein Haar
Ein Kranz von rotem Mohne.

Die Blumen der Vergessenheit
Trugst du mit Lachen und Scherzen,
Da dacht' ich der vergangnen Zeit
Und sprach zum klopfenden Herzen:

Heut macht sie Glück, denn leicht und bunt
Trägt sie im Haargeflechte
Als Schmuck für eine lustige Stund
Den Schlummer meiner Nächte.

Collection: 
1883

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