Frühlingsrätsel

O Herz, was ist mit dir geschehn?
Im Maienmonde Grillen!
Jetzt, da die Rosen auferstehn
Und ihre Wohlgerüche wehn,
Um jeden Harm zu stillen,
Jetzt kann dich Leid erfüllen?

Ich weiß wohl, ist's auch lange her,
Von andern Maientagen,
Da warst du nicht so freudenleer,
Zu lachen kam dir da nicht schwer,
Ich mußte oft dich fragen:
Kannst du das Glück ertragen?

Und nun in all der Lust so trüb,
In all dem Drang so stille!
Sag' an, wo dir der Jubel blieb,
Hast du nicht mehr das Leben lieb?
O Herz, wo ist dein Wille,
Wo deiner Hoffnung Fülle?

Du scheinest wie der Eichenbaum
Vom Lenz dich auszuschließen,
Er hängt am längst entschwunden Traum,
Man sieht ihn leise knospen kaum, -
Doch bald von Haupt zu Füßen
Wird junges Laub ihm sprießen.

Collection: 
1909

More from Poet

  • Im grünen Waldgehege
    Wandl' ich auf stillem Wege,
    Den Würzgeruch, so rein,
    In mich zu atmen ein.

    Das Laub, das mich umdüstert
    Und doch so lieblich flüstert,
    Läßt neuer Hoffnung Wehn
    Mir durch die Seele...

  • Ich stund auf hohem Berge
    Und sah hinab ins Land,
    Den Ort wollt' ich erkunden,
    Wo unser Herz sich fand.

    Schon hatt' ich ihn erschauet
    In seiner stillen Ruh -
    Da deckte eine Wolke
    Ihn fern mir wieder zu...

  • Blumen gibt es mannigfalt,
    Deren Hauch uns rühret -
    Manche liebliche Gestalt
    Ward mir schon entführet.

    Hatte sie oft nur im Traum
    Liebend nah' gefunden,
    Da, und eh' ich's ahnte kaum,
    War sie mir...

  • Hörst du, wie in meinen Liedern,
    Überall dein Name klingt,
    Wie ein ewiges Erwidern
    Deiner Liebe sie durchdringt?

    Machtlos hab' ich hingestammelt
    Lust und Leid im armen Wort,
    Was so voll in mir versammelt,...

  • Juninächte, sternenlose,
    In dem Blütenmond der Rose,
    Da das bange Herz dazu
    Lieb' durchstürmte ohne Ruh.

    Blitzgezuck und Wetterleuchten!
    Und die Nachtigall im feuchten,
    Taubenetzten Busche tief
    ...