Gründonnerstag im Abendschein
Da spielten wir am Kirchenrain,
Wie war's im Dorfe still!
Wir spürten aus des Rasens Duft
Des Festes Geist und aus der Luft,
Das morgen kommen will.
Die goldne Abendröthe klang,
Es war wie lockender Gesang
Und rief: Marie! Marie!
Das erste Veilchen fand ich dir;
O Kind, wie lächeltest du mir
Aus deiner Engelsruh!
Geöffnet stand die Kirchenthür,
Die heil'ge Jungfrau sah herfür,
Sie war so schön wie du;
Im Chor und oben in den Höhn
Zerfloß ein himmlisches Getön
Und rief: Marie! Marie!
Und als der Stern im Abend stand,
Da gaben wir uns noch die Hand,
Das mochte selig sein!
Als ich dann wachend schlafen lag,
Drang Morgenhelle lang vor Tag
Mir schon zur Kammer ein;
Und Morgenhelle und Gesang
War all die süßen Ostern lang
Ob dir, Marie! Marie!
aus: Gedichte von J. G. Fischer
Dritte vermehrte und aus verschiedenen Sammlungen
vervollständigte Auflage
Stuttgart Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung 1883