Ich war entflohn dem Festgebrause,
Weil ich mich längst nach dir gesehnet,
Und fand mein Kind allein zu Hause,
Die Thür nur lose angelehnet.
Doch fest genug verschloß ich sie;
O sichre Stille, wie noch nie!
So fügt sich's einmal nur im Leben,
Als wollten diese Stunde eben
Sich alle freundlichen Geschicke
In eines nur zusammenfassen,
Um uns allein zu überlassen
Den schönsten aller Augenblicke.
Sieh hoch den Tag am Himmel glühn
So hoch geht unsrer Liebe Wonne,
Und wird die Abendröthe blühn,
Scheid' ich zufrieden wie die Sonne.
Wer ahnet wohl beim Abendregen,
An welcher Blume Brust im Thal
Des Himmels heimgegangner Strahl
Am liebsten heute sei gelegen?
Daß dir im Haus, du stilles Kind,
Die Götter heut' gewesen sind?
Wie hebt mich süß aus ihrem Arm
Der Maienabend, lind und warm!
Um zu vollenden seine Pracht,
Dräut am Gebirge Wetternacht.
Mit vollern Düften schmeichelt lau
Dem finstern Himmel die bange Au;
Stürm' zu, sag' ich ihm in's Gesicht,
Meine Welt erschreckt dein Dräuen nicht,
Du triffst der Erde flücht'gen Staub,
Die zitternden Blüten, das arme Laub;
Doch keine Macht hat dein Geschoß
An den Frühling, den ich heut' genoß!
aus: Gedichte von J. G. Fischer
Dritte vermehrte und aus verschiedenen Sammlungen
vervollständigte Auflage
Stuttgart Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung 1883