Der nächtliche Ritt

Der Mond steht am Himmel, von Sternlein blüht
Die Nacht über Feldern und Matten,
Ein einsamer Reiter die Straße zieht
Selbander mit seinem Schatten.

Muß wohl ein vieltreues Gedenken sein,
Was ihm den Sinn hat gefangen,
Daß aus den Händen müßig zum Rain
Die Zügel ihm niederhangen;

Muß wohl ein vielliebes Erinnern sein,
Was vor der Seele ihm stehet,
Daß er nicht Acht hat, wie querfeldein
Sein irrendes Rößlein gehet.

Und rings umher ist so lautlos die Nacht
Und so einsam verschollen die Stunde,
Am Walde die Schatten nur regen sich sacht,
Und die Lichter spielen im Grunde.

Da zuckt das Rößlein und bäumt hoch auf,
Der Schaum flockt roth ihm vom Zügel,
Sein träumender Reiter im Sattel fuhr auf,
Laut klingen Sporen und Bügel.

Sein Herz, sein Herz hat ihm was gesagt,
Da er träumte, vom Wege verloren,
Von süßen Bildern umgaukelt sacht,
Es tropft das Blut von den Sporen.

Sein Herz, sein Herz hat ihm was gesagt,
Vom Hufschlag dröhnen die Wege,
Im Feld das Häslein entsetzt erwacht,
Es peitschen die Zweig' im Gehege.

Es sausen vorüber im Mondenschein
Der Wald und die schimmernde Haide,
Es sausen vorüber Gestrüpp und Gestein
Und Hecke und Wegescheide.

Das stieben die Funken, der Thorweg hallt,
Die Flur klirrt unter den Hufen,
Und 's Rößlein schnaubt laut auf und es schallt
Des Reiters Schritt auf den Stufen.

Und ein Lichtlein wandert im Haus' in Hast
Und flackert im Niedersteigen,
Und die Thür thut sich auf vor dem nächtlichen Gast,
Und ein Schweigen, ein schreckliches Schweigen!

Ein schreckliches Schweigen, entsetzenslang,
Und ein Schluchzen hinter den Stufen:
"Wo war't ihr so lange, wo war't ihr so lang',
Sie hat euch im Sterben gerufen!"

Aus: Gedichte vom Freiherrn Carl von Fircks
Leipzig Julius Klinkhardt 1864

Collection: 
1864

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  • Oben auf der Felsenzinne
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