Mißverstanden

Wie sollte ich's wissen, sie sah mich an
Und ward dabei roth so natürlich
Und sah so schüchtern zu Boden dann
Und seufzte dazu so natürlich.

Wie sollte ich wissen, ich armer Jung',
Daß, weil sie in's Auge mir blickte,
Sie nur in's Blau der Erinnerung
Hinaus die Gedanken schickte.

Und daß, weil sie heimlich erröthete,
Sie heiß und mit brünstigem Flehen
Im innersten Herzen betete:
Ich möcht' als ein Traumbild vergehen.

Und Gott woll' gnädig lassen geschehn,
Daß plötzlich an meiner Stelle
Der Andre, der Andre möge stehn,
Ihr heimlicher Herzensgeselle.

Aus: Gedichte vom Freiherrn Carl von Fircks
Leipzig Julius Klinkhardt 1864

Collection: 
1864

More from Poet

  • Der Mond steht am Himmel, von Sternlein blüht
    Die Nacht über Feldern und Matten,
    Ein einsamer Reiter die Straße zieht
    Selbander mit seinem Schatten.

    Muß wohl ein vieltreues Gedenken sein,
    Was ihm den Sinn hat gefangen,...

  • Oben auf der Felsenzinne
    Schimmernd steht das Ritterschloß,
    Bub' und Knapp' im Burghof reiten
    Wild und jubelnd hoch zu Roß.
    Unten düster in der Tiefe
    Liegt das Kloster, einsam stehn
    Stille Mönchlein an den Fenstern...

  • Ich saß schon oftmals in der Stille nieder
    Nachsinnend einem räthselhaften Lied,
    Das leis' und heimlich, flüsternd immer wieder
    In Lust und Weh durch meine Seele zieht.
    Doch wie ich sann und träumte lange Stunden
    Und wog das Wort...

  • Ich habe mich, müde vom Sorgen und Wandern,
    Zum Frühling auf's blühende Lager gestreckt,
    Und unter das Haupt einen Traum mir genommen,
    Und mit dem Himmel mich zugedeckt.

    Es klettern die Verse mit tanzenden Füßen
    Wie spielende...

  • Sag', was du willst, versuch' an mir,
    Was Liebe tragen kann,
    Thu' deinen bösen Willen dir,
    Doch sieh mich wieder an!

    Mir ist, wenn sich dein treuer Blick
    Nicht mehr zu mir gesellt,
    Es sei gestorben Freud' und Glück...