Das Herz ist stumm dem spähenden Gehöre,
Noch zweifelnd, ob es jemals kann genesen;
Doch schweigend offenbart es mehr sein Wesen,
Als wenn es Redekunst zum Hort erköre.
Daß nicht ein Laut des Schatzes Hebung störe,
Sucht Liebe stets in Blick und Ton zu lesen;
Sie sehnt sich nicht nach Redeantithesen,
Weil sonst an Kraft des Schweigens Kunst verlöre.
Wie könnte auch des Rhetors schwache Kunst,
Im Redeprisma jene Strahlen sammeln,
Die in der Brust der Liebenden sich brechen!
Drum ringe schweigend um der Liebe Gunst,
Dann deucht die Sprache nur ein eitles Stammeln,
Wenn Blick und Auge dir zum Herzen sprechen.
Aus: Sonette von Edmund Dorer
Dresden 1858 Druck von B. G. Teubner