Fenster zu, Gardine nieder,
Stille Alles, Alles Nacht!
Drunten wandl' ich hin und wieder:
Ob sie schlummert? Ob sie wacht?
Dort ihr Kämmerlein, wie traulich
Und wie zierlich aufgeräumt;
Hier die Sehnsucht, die beschaulich
Von dem Himmel droben träumt!
Sieht das Bett in dunkler Ecke,
Wo sie einsam schlummernd liegt,
Sieht die grüne Seidendecke,
Die sich zitternd an sie schmiegt,
Alle Tüchlein, alle Bänder,
Die sie züchtig von sich warf,
Und das reichste der Gewänder,
Das auch Nachts ihr bleiben darf.
Sieht im Schlaf dahingegossen
Ihren Leib, so süß gebaut,
Fest das Augenpaar geschlossen,
Das am Tag so klar geschaut.
Ihre Hand, die weiße, kleine,
Die in leere Luft sich streckt,
Wenn ein Traum mit Irrlichtscheine
Die geliebte Seele neckt.
Friede diesem Schlafgemache,
Segen diesem Kämmerlein!
Mögen Engel seine Wache,
Seine Kerzen Sterne sein!
Nur noch einmal hin und wieder:
Ob sie schlummert? Ob sie wacht?
Fenster zu, Gardine nieder!
Gute Nacht denn, gute Nacht!
Aus: Franz Dingelstedt's Sämmtliche Werke
Erste Gesammt-Ausgabe in 12 Bänden
Siebenter Band Zweite Abteilung
(Lyrische Dichtungen Erster Band)
Berlin Verlag von Gebrüder Paetel 1877