Das weiß ich nicht, wie es gekommen

Das weiß ich nicht, wie es gekommen,
Daß dir mein Herz auf einmal gut,
Als wir zusammen sind geschwommen
An Bord des Schiffs durch Dampf und Fluth.

Du saßest frisch und unerschrocken, -
Weißt du es noch? - an Deckes Rand,
Vom Regen troffen deine Locken,
Im Sturme wehte dein Gewand.

Sie löschten deines Auges Strahlen
Nicht aus, die Wange ward nicht bleich,
Um deinen Mund zu vielen Malen
Spielte ein Lächeln sonnengleich.

Ein Bild anmuth'ger Frauenmilde,
Doch stark und herrlich standest du;
Dein Loblied sang der Sturm, der wilde,
Dem wilden Meere jauchzend zu.

Sie küßten dir mit kecken Zungen
Den Fuß, des blauen Mantels Saum,
Sie neigten dir sich wie bezwungen
Und krönten dich mit weißem Schaum.

So schwebte, wogen-hochgetragen,
Von Gischt umtost, von Wind gekost,
Die Göttin auf dem Muschelwagen,
Im öden Meer der Augen Trost.

Und: Heil dir, Wellenschaum-Gebor'ne,
Erscholl es huld'gend um sie hin,
Heil dir, du freie, du erkor'ne,
Du hohe Schönheits-Königin!

Aus: Franz Dingelstedt's Sämmtliche Werke
Erste Gesammt-Ausgabe in 12 Bänden
Siebenter Band Zweite Abteilung
(Lyrische Dichtungen Erster Band)
Berlin Verlag von Gebrüder Paetel 1877

Collection: 
1877

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Wenn ich vorübergeh';
Das holde Frauenangesicht,
Nur heut', nur heut' versteck' es nicht,
Daß ich's noch einmal seh'!

Im Fenster, an des Erkers Rand
Ein Weilchen bleibe stehn,
Und grüße mit der weißen Hand,...

Nun, da dein Auge von uns scheidet,
Zieht auch der Frühling außer Land;
Für dich hat es sich grün gekleidet,
Jetzt wieder in sein Schneegewand.
Was soll ein West, der dich nicht fächelt,
Das Veilchen, das dein Fuß nicht...

Hat mir mein süßes Kind erlaubt,
Auf ihrem Busen darf ich wiegen
Das traum- und liebesmüde Haupt;
Da ruh' ich, ohne mich zu regen,
Von ihren Blicken überreicht,
Und lausche ihren Herzensschlägen
Und schaukle...

Wie bin ich doch so froh erschrocken,
Als ich durch's Fenster aufgeblickt,
Und da in deine blonden Locken
Mein Auge plötzlich sich verstrickt!
Ich dachte dich in weiter Ferne,
Mich wußt' ich krank, gebannt an's Haus:...

Entfernt von allen andern,
Sah ihre Augen hell und rein,
Gleich Sternen, ob mir wandern,
Und fühlte ihres Athems Wehn
So warm um meine Wangen,
Daß ohne Worte, ohne Flehn
Ich schier vor Lust vergangen.

...