Salari an Severino / als sie sich aus verzweiffelung erstach Aus dem ersten theile des Italiänischen Spinelli

Blut / Severino / blut! mit blute schreib ich dir /
Im blute will ich auch den letzten abschied nehmen;
Verachte nicht die hand / verschmäh nicht das papier /
Ob schon die Schreiberin sich itzt vor dir muß schämen.
Ich bin noch überall von deinem blut bespritzt /
Ich habe deine hand durch meinen dolch getroffen /
Den doch die eyfersucht auf deren brust gespitzt /
Die mich fort nichts mehr hieß von deiner liebe hoffen.
Ach schmerz! ach qual! ach pein! ich habe dich verletzt /
Verzeih‘ es mir mein Prinz / ich that es nicht mit willen
Und schau / ich habe mir die straffe selbst gesetzt /
Es soll mein heisses blut itzt deine rache stillen.
Du weist / wie Salari dich stets sehr hoch geacht /
Es kann es Tripolis und sein gestade zeigen;
Das glücke hatte dich zum sclaven mir gemacht!
Doch muste sich mein herz zu deiner liebe neigen;
Mein Vater hatte dir die fessel angelegt /
Du mustest wie ein knecht in unserm hause dienen;
Ach! wie hat deine last offt meinen sinn bewegt /
Biß mich die liebe hieß ein grösser werck‘ erkühnen /
Ich offerbarte dir den angenehmen brand /
Und sagte: wo du mich wilt deine liebste nennen /
So giebt dir meine treu die mittel in die hand /
Daß du und ich uns leicht von hier entfernen können.
Du wolltest lange nicht / weil Mardi dich besiegt;
Doch weil du keinen rath sie zu erlangen fandest /
So sprachstu endlich ja und schienest recht vergnügt /
Wann du durch einen kuß dich mir auffs neu verbandest /
Bald stieg ich in das Schiff und floh mit dir davon.
Ich fürchte weder sturm / noch die erbosten wellen /
Nicht meines vaters zorn / nicht schande spott und hohn.
Nur in die freyheit dich / mein Severin / zu stellen /
Wir strichen durch die See und kamen in gefahr /
Wenn uns das wilde mehr offt zu verschlingen dräute;
Biß daß Sicilien nicht allzuferne war /
Und uns von aller furcht durch seinen port befreyte.
Hier dacht ich bin ich nun in sicherheit gebracht;
Hier wird nun meine lust in voller blüthe stehen:
Ach aber! als ich kaum den süssen schluß gemacht /
So muß mein liebes-schiff im hafen untergehen.
Es kam dir Mardi ein / du willst sie wieder sehn /
Du suchest überall / und denckest sie zu finden;
Trapani lässet dir auch diesen wuntsch geschehn /
Mir aber allen trost durch diesen fall verschwinden.
Trapani schmerzens-orth / du feindin meiner ruh /
Ach! daß ich dich gesehn / und nicht im Meer‘ ertruncken;
So wär mein unglücks-thor mit meinen augen zu /
Und dörfft ich in mein blut itzt nicht die hände tuncken.
Schau Severino schau! was du mir angericht;
Ich habe vaterland und eltern nur verlassen /
Weil meine liebe sich zu deinem wohl verpflicht;
Ich habe dich erlöst; ich habe zorn und hassen
Der meinigen um dich vor lauter nichts geschätzt;
Ich bin durch noth und tod durch wind und wellen gangen /
Ich habe meinen Gott / gewisen / treu verletzt /
Nur dich / mein theurer Prinz / zum liebsten zu erlangen.
Du hast auch meine gunst am ersten nicht veracht /
Und allzeit mit dir / als deiner braut / gelebet /
Allein als dir dein wunsch die Mardi wiederbracht /
Hat diese mir den zeug zum ungelück gewebet.
Du liebest sie allein / du sitzest stets bey ihr;
Ich aber muß mich ganz von dir verstossen wissen;
Gedenck es Severin / ob meine schmerzen hier
Sich wohl von der vernunfft in schrancken lassen schlüssen.
Nein! ihre last kömmt mir ganz unerträglich vor /
Und meine marter ist nur mit sich selbst zu gleichen /
Wer keinen solchen schatz wie Salari verlohr /
Kann auch die grösse nicht von meiner quahl erreichen.
So kanstu / werther Prinz / aus meinem leiden sehn /
Wer mir das eisen hat in meine hand gegeben;
Verzweiffelung schrie mir zu! es ist um dich geschehn /
So lange Mardi wird bey Severino leben.
Bald fuhr ich rasend auff / und wollte durch ihr blut
Dein herze wiederum auff meine seite zwingen;
Ich stach nach ihrer brust / du stundest auff der hut /
Und machtest / daß der streich mir muste mißgelingen:
Der stich traf deine hand an statt der feindin brust;
Ach unglücks-voller stich! so muß ich das durchbohren /
Was mein vergnügen war / und noch ist meine lust;
Ach Dolch! verfluchter Dolch! nun bin ich selbst verlohren.
Ich selber und auch du / wir haben schwer gefehlt /
Drum will ich nach verdienst uns auch das urtheil sprechen:
Ich habe deinen stahl zu meiner straff erwehlt /
Dir aber meine brust statt jener zu durchstechen.
Nun wohl! so schneide mir den lebens-drath entzwey /
Weil du nicht scharff genung die Mardi zu ermorden;
Der adern rothe fluth ein söhnungs-opffer sey /
Weil meines Prinzen blut von dir vergossen worden /
Und dieses letzte macht mein sterben noch so schwer /
Ich wollte meinen tod viel freudiger umfangen /
Wenn deine hand nur nicht von mir verwundet wär /
Und mein gespitzter Dolch nicht diese schuld begangen.
Ich setze dich davor zu meinem erben ein;
Das soll vor deinen schmerz ein klein geschencke seyn /
Was ich von Tripolis mit mir hierher geführet /
Biß sich die wunde gar aus deiner hand verliehret.
Nun lebe wohl / mein Prinz; ietzt fliesset blut und geist /
Itzt stirbt mein treues herz‘ um deiner liebe willen;
Hab ich dir einen dienst durch meinen tod geleist /
So laß drey thränen nur aus deinen augen quillen.
(Theil 4 S. 88-91)

Collection: 
1709

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