Geh hin beglücktes blat / geh küsse diese hände /
Die mich mein unfall itzt nicht selber küssen läst /
Geh / sprich / daß Saladin dich an Lisetten sende /
Der treue Saladin / der seinen lebens-rest
In einer frembden lufft mit seuffzen soll beschlüssen /
Weil ihn dein lebens-licht nicht mehr bestrahlen kan;
Und wo sie was begehrt, von meinem thun zu wissen /
So zeig' ihr meine pein und meine schmerzen an /
Die mir / seitdem ich bin aus unser stadt gewichen /
Ein tägliches confect auff meinem tische sind;
Erzehle wie kein tag / wie keine nacht verstrichen /
Ja noch kein augenblick mir ohne sie verschwindt;
Deß tages red' ich nur mit ihr in den gedancken /
Bey nachte kan ich sie in tausend träumen sehn;
Ach! träume! seuffz' ich denn / ach bleibt in euren schrancken!
Was hilfft die phantasie / wenn es nicht kan geschehn?
Nun wol / geliebter brieff / fleuch mit erwünschten winden
In das beglückte land / wo dieser engel ist /
Allein / wer weiß ob du auch wirst genade finden /
Wer weiß / ob deine schrifft ihr schönes auge liest?
Vielleicht verhindert sie ein neuerwehltes lieben /
Ein langer weiberrock bedeckt offt kurze treu;
Vielleichte bin ich längst zu denen eingeschrieben /
Die man vergessen hat; ich fürchte vielerley;
Es kan Liticenat sie überwunden haben;
Es kan auch Hermion ihr liebster diener seyn;
Es kan ein frembder sich an ihrer liebe laben;
Es kan auch wol ein Freund mir das verderben dreun;
Ach schmerz! ist dieses wahr / so wüntsch' ich zu erbleichen/
So such ich mir den tod; mein leben würde doch
Nur einer marterbanck / ja einer höllen / gleichen /
Wo schwarze traurigkeit / wo kummer und was noch
Weit schrecklicher / als die verzweifflung / das gewissen /
Die grausen hencker sind. Ach himmel! laß mich ja
Vielehe durch den tod die matten augen schliessen /
Wo von Lisetten mir dergleichen unfall nah.
Doch wo gerath' ich hin? was bildet meinen sinnen /
Von falscher wanckelmuth mein schweres leiden ein?
Ach schönstes kind verzeih! du weist / es muß hierinnen
Ein recht verliebter geist offt etwas zärtlich seyn.
Vergib der treuen hand / wo sie zu viel geschrieben /
Auch ihr verbrechen stellt die grosse treue dar;
Ich weiß es / daß du mir annoch getreu vorblieben;
Allein die liebe sieht vielmehr auff die gefahr /
In die sie fallen kan; versichre mich mein leben /
Schreib nur drey worte her: Lisette bleibt getreu:
So will ich ferner nicht der furcht gehöre geben /
So lebet meine brust von allem zweiffel frey.
Wiewol es ist zu viel; ich darff es nicht begehren /
Daß deine schöne hand mich durch das schreiben ehrt /
Denn pflegt man sklaven wol dergleichen zu gewehren?
Ich will zu frieden seyn / ist nur mein wuntsch erhört;
Behalte schönstes kind / nur stets das alte wesen /
So bleibt zum wenigsten mein hoffen unverrückt;
Und darf ich nur von dir nie etwas neues lesen /
So werd ich allemahl durch diesen trost erquickt /
Daß keine feinde mich und meine ruh bekriegen /
Und daß ich noch zuletzt / O allerschönster lohn!
In deiner schwanen-schooß / Lisette / werde liegen /
Dann trägt beständigkeit den sieges-kranz davon,
Ich zweiffle nicht daran; das glück ist mir gewogen /
Es hat bißher von mir den untergang gewandt;
Die neben-buhler sind wie leichter rauch verflogen /
Ich aber fühle noch den angenehmen brand /
Den deine pracht in mir / O engels-bild / entzündet /
So lange dieser noch beflammt den matten geist /
So lange leb ich auch; so bald als der verschwindet /
Ergeht mein todesspruch / der mich ins grab verweist;
Denn ohne liebe kan und mag ich nimmer leben /
Sie ist ein rechtes horn / das allen überfluß
Uns von vergnügungen von süsser ruh kan geben:
Sie macht daß unsre brust den schmerzlichen verdruß /
Den schwersten unglücksfall / durch groß muth überwindet;
Sie ist der süsse zug / der einen edlen sinn /
Aus seinem schlaffe reist / und was zu thun verbindet;
Wol allen / und wol mir! daß ich verliebet bin!
Ich kan hierinnen mich vor andern seelig preisen /
Weil du das schöne ziel in meiner liebe heist;
Die welt hat schwerlich was dir gleiches aufzuweisen /
Das die vollkommenheit / wie du / in sich beschleust;
Ach! daß der himmel mich so weit von dir entrissen!
Ach könte wie zu vor dich doch mein auge schaun
Und stets den achten tag in unserm tempel grüssen /
Ich wolte meine ruh auff dieses glücke baun:
Allein gedult! gedult! wer weiß ob mein verlangen /
Nicht zu bestimmter zeit des himmelsschluß erfüllt:
Ihm stell' ich alles heim / er hat es angefangen /
Er selber ist es ja / von dem mein lieben qvillt;
Und wie er mir bißher beständigkeit gegeben /
So ist er auch vielleicht auff meinen lohn bedacht;
Indessen laß' er nur dich / schöner engel / leben /
Durch dein vergnügen wird auch dessen lust gemacht /
Der sich verbunden hat dein Sclave zu verbleiben /
So lange / biß der tod sein leben reisset hin /
Erlaub' ihm nur geneigt sich allezeit zu schreiben:
Der schönen Lisilis getreuer Saladin.
(Theil 4 S. 50-53)
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