Auff ihre vermeinte anderwärtige verheyrathung

So bistu eine braut? so muß ich noch erleben /
Daß mich mein feind besiegt?
So muß ich ihm den raub geduldig übergeben
Um welchen wir gekriegt?
Er nihmt den theuren schatz / nach dem ich stets gegraben /
Ohn' alle müh' und schweiß;
Du öffnest seiner lust die angenehmsten gaben /
Von der die liebe weiß;
Ach hartes donnerwort / das mir die seele rühret;
Wie wenn des himmels hand
Den dreygespitzten blitz nach unsrer brust geführet /
Und marck und bein verbrandt.
Mein geist ist überschwemmt mit ungeheuren leiden /
Der sinnen krafft ist hin /
Und die empfindligkeit will aus dem herzen scheiden /
Ich weiß nicht wo ich bin;
Es will kein thränen-see aus meinen augen fliessen /
Kein seuffzer wird gehört /
Warum? weil sie doch nicht gnung zu beweinen wissen /
Was meine ruh verstört.
Die grösse meiner pein geht über alle plagen /
Drum kan nur blut und tod
Von meinem ungelück' am allerbesten sagen /
Als zeigen meiner noth.
Kan blut und tod allein von meinen schmerzen zeigen /
So reist ihr adern reist!
Ich bin ohndem bereit ins schwarze grab zu steigen /
Weil es mein unfall heist;
Es ist nunmehr genung; ich habe treu gelitten /
Als ich noch hoffnung sah';
Itzt hat die schönste hand den schwachen drath zerschnitten /
Drum ist mein sterben da.
Ich sehe schon die grufft / ich sehe Charons nachen /
Ich seh die geister stehn:
Ich seh wie lieb und treu sich schon zu rechte machen
Mit mir ins grab zu gehn.
Denn weil Lisette sie aus ihrer brust verwiesen /
Und wanckelmuth erwehlt;
So wollen sie mir sich einen ort erkiesen /
Wo uns kein wechsel quählt.
Ich hatte dich zur braut vor meine treu erkohren /
Du mich hingegen nicht /
Was hat nun Saladin das er nicht hier verlohren?
Weil sie die treue bricht.
Vor hochzeit-hembde muß ich sterbekittel sagen;
Vor einen lorber-kranz
Muß ich Cypressen itzt auff meinem haubte tragen;
Der hochzeit fackeln glanz
Muß mir in meinen sarg an statt des bettes scheinen;
Die freudige musick
Besteht in ach und weh / in klagen und in weinen;
Das allerbeste stück /
Wornach ich selber soll den ersten reyhen haben /
Und meinen braut-tanz thun /
Geht aus d dur und heist: last uns den leib begraben;
Die schooß in der ich ruhn
Die mich erquicken soll / ist kühler sand und erde;
Ja alle liebes-frucht
Bestehet nur in dem: daß ich zu staube werde:
Das macht Lisette flucht;
Lisette hat das glück‘ in ihren schönen händen /
Wem sie ihr herze giebt
Zu dem muß fried und heil und lust und ruh sich wenden /
Weil sie der himmel liebt.
Nun / weil Lisette mir das urtheil hat gesprochen /
So muß es auch geschehn;
Ihr winck ist mein befehl; ich habe nichts verbrochen /
Doch aber soll sie sehn
Daß ich um meinen tod sie nimmer werde hassen /
Ich bin vielmehr vergnügt /
Daß sie mich ihren zorn hat niederschlagen lassen /
Nachdem sie mich besiegt.
So lebe / schönstes kind / ich sterbe nun mit freuden /
Und muß von hinnen gehn;
Der treue geist soll nie von deiner seite scheiden /
Der leib im grabe stehn /
Allein die lieb und treu wird allezeit Cypressen
Auff mein gebeine streun /
Damit die nachwelt nicht so leichte kann vergessen /
Wem sie gewesen seyn.
(Theil 4 S. 84-86)

Collection: 
1709

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