Darff sich ein kühner brieff zu deinen füssen werffen /
Worinnen jedes wort von treuer liebe sagt?
Und wird ein schlechter knecht auch an dich schreiben dürffen /
Wie viel / wie allzu hoch sein herze sich gewagt?
Ich zweiffle fast daran / wenn ich bey mir erwege /
Daß nur dein grosser geist auff etwas grosses denckt /
Derhalben seh ich schon die harten donnerschläge /
Die dein ergrimmter arm auff meine scheitel lenckt;
Ich sehe schon zuvor / wie du für zorn erbleichet /
Und der verwegenheit mit tausend worten fluchst /
Ich sehe wie dein Fuß erstaunt zurücke weichet /
Wie neue marter du zu meiner straffe suchst.
Dies alles weiß ich schon / und muß dafür erschrecken /
Allein / ich will viel eh durch deine hand vergehn /
Als länger meinen schmerz in dieser brust verdecken /
Und ob ich lieben darff in ungewißheit stehn;
Mein schweigen ist bisher mich theuer angekommen /
Die grösse meiner pein hat die gedult besiegt /
Drum hab ich mir ein wort zu reden vorgenommen /
Reizt dieses deinen zorn so sterb ich wol vergnügt /
Ach! aber darff ich was / Lisette / von dir bitten?
So höre mich zuvor in diesen zeilen an /
Eh du den stab zerbrichst / steig mit bedachten schritten
Auff deinen richterstuhl / trau nicht auf falschen wahn;
Erwege doch genau die liebe meiner sinnen /
Die bis ins vierdte jahr (ich sag' es ohne scheu)
Mich dir zum sclaven macht / dann straffe mein beginnen /
Und sprich mir den sententz / ob ich zu tadeln sey.
Ich muß es zwar gestehn / ich will mich höher schwingen
Als meine würdigkeit und tugend meritirt,
Nur Fürsten solten dir die liebes-opffer bringen /
Allein die liebe hat hierzu mich angeführt /
Drum mag sie mich bey dir hierinnen auch vertreten /
Sie mag ihr altes recht zu schützen sich bemühn /
Da sie offt hohe zwingt was schlechtes anzubeten /
Dadurch sie niedrige nach hohen pflegt zu ziehn.
Sie achtet keinen stand; es muß wol eine crone /
Wenn sie es haben will / bey einem rocken stehn /
Und gleichfals liegt es nur an ihrem kleinen sohne /
So darff ein ackers-mann zu einer Fürstin gehn.
Uns wolte die natur in vielem gleiche haben /
Ach hätte sie dir auch ein gleiches herz gemacht!
Ich wolte meinen geist an deiner liebe laben /
So aber wird mein tag zu einer düstern nacht.
Diß / was ich hier gesetzt ist kein so frembdes wesen /
Mein auge hat es dier vorlängsten kund gethan /
Du kontest gar zu wol an meine stirne lesen /
Was mir im herzen steckt / und sich nicht bergen kan.
Du siehest / wo du wilt / wie offt mein mund erröthet /
Wenn du im tempel mir ganz in der nähe sitzt /
Ich stehe recht erstaunt / ich scheine fast ertödtet /
So bald ein ernster strahl aus deinen augen blitzt.
Doch eben dieser blick / der mich zu tödten meinet /
Reist die betäubte brust aus ihrem nebel raus;
Wann deine sonne nur auff meine stelle scheinet /
So kläret sich auch bald mein ganzer himmel aus.
Als ich vor langer zeit mich dreymahl dorffte wagen /
In deiner gegenwart die harffe zu bemühn /
Ach! wie war ich verwirrt / ich konte wenig schlagen /
Ich konte meinen fuß kaum mehr zurücke ziehn;
Er war zur erde sich zu werffen schon befliessen /
Und wolt um heilsam oel vor seine wunden flehn /
Ja hätte man nur nicht die andern scheuen müssen /
Es wäre warlich wol das letzte mahl geschehn.
Allein so musten nur die stillen blicke zeigen /
Was weder mund noch fuß zu thun erlaubet war /
Die seuffzer redeten / die lippen musten schweigen /
Ich furchte deinen zorn und liebte die gefahr.
Hastu Lisette nun die ketten angeleget /
So laß auch itzo zu / daß ich sie rühren darff /
Ich freu mich abermahl / wenn sich ihr klang erreget /
Indem das schönste kind mich in dieselben warff.
Dein treuer sclave liegt zu deinen zarten füssen /
Und betet deine pracht mit heisser andacht an /
Laß meine kühnheit doch nicht allzustrenge büssen /
Erweise daß bey dir erbarmung wohnen kan.
Du wirst durch güttigkeit dein hohes lob vermehren /
Und wo du meine treu mit gegenliebe lohnst /
So wird man deinen ruhm auch bey der nachwelt hören /
Wenn gleich dein knecht und du schon bey den sternen wohnst.
Wilstu den festen schluß des himmels denn verdammen?
Was das verhängniß heist / dem ka man nicht entfliehn /
Vom himmel kommen ja / bedenck es / meine flammen /
Dem wirstu dich umsont zu wiederstehn bemühn.
Drum weigre dich nicht mehr der liebe platz zu geben /
Sprich nicht: ich mag und will niemals verliebet seyn:
Wer ohne liebe lebt / hat nur ein halbes leben /
Und hegt in seiner brust ein herz aus Marmelstein.
Was nutzt das rosen-feld auff deinen schönen wangen?
Und was die lilien auff deiner schwanen-brust?
Kanstu auch einen kuß von deinem mund' erlangen?
Und hastu selbst an dir die allergröste lust?
Nein / traun / ein ander mund muß deine lippen küssen /
Und einen frembden sind die blumen zugedacht?
Du wirst es selber noch dereinst bekennen müssen /
Daß dein so schöner leib nicht dir allein gemacht.
Ich schreibe wol zu kühn / ach schönste! diese schmerzen
Verhindern daß ich nicht mein unglück fürchten kan /
Die lust und ungedult bestreiten mich im herzen /
Und etwas hoffnung führt die kühne Feder an.
So laß doch meine pein mich nicht vergebens qvälen /
Bedencke / liebe sey der gegenliebe werth /
Soll ich noch immerfort mehr marterwochen zehlen?
Wo bleibt der Oster-tag den meine brust begehrt?
Wilstu auff wahre treu den liebes-ancker gründen /
Und nicht auff leichten sand der eitelkeiten baun /
So kanstu wol an mir ein bild der treue finden /
Dergleichen in der welt wol schwerlich ist zu schaun.
Ich bin kein leichtes rohr / das jeder wind bewegt /
Was ich mir vor gesetzt / das halt ich steiff und fest;
Die liebe wird in mir nicht itzo erst erreget /
Ihr alter macht daß sie sich nimmer ändern läst.
Du kanst den treuen sinn auch nur hieraus erkennen /
Daß ich dich da geliebt / wie keine hoffnung war;
Ich sahe / wie es schien viel andre herzen brennen /
Die alle mehr denn ich; allein die ganze schaar
Ist / wo ichs sagen darff / als wie ein rauch verschwunden /
Nur Saladin behält den alten treuen sinn;
Die andern haben sich meist anderweit verbunden /
Ich bleibe dir getreu / so lang' ich etwas bin.
Genung / ich schlüsse nun / ich kan nicht länger schreiben /
Die worte wollen nicht nach meinem wunsche gehn /
Wer seine reden kan auffs allerhöchste treiben /
Und seine liebe läst in tausend worten stehn /
Der stecket voll betrug; du kanst genugsam sehen /
Was dein getreuer knecht mit wenig sylben sagt /
Erbarmt dich meine pein / so kan es bald geschehen /
Daß Saladin sein leid Lisetten mündlich klagt;
Wo du mich aber wilst durch deinen haß verderben /
So werd ich biß ins grab dir auch gehorsam seyn /
Der matte leib wird bald; die liebe nimmer sterben /
Sie wird aus meiner grufft stets rache / rache schreyn.
(Theil 4 S. 55-59)
Er offenbahret Lisetten seine liebe
More from Poet
-
Hilff himmel! welch ein bild! soll das Lisette seyn?
Ist das ihr netter leib / ihr zartes angesichte?
Wie? oder äffet mich vielleicht der augenschein /
Indem ich nur auff sie stets die gedancken richte;
Ach nein! du bist es nur; ich kenne... -
Geh hin beglücktes blat / geh küsse diese hände /
Die mich mein unfall itzt nicht selber küssen läst /
Geh / sprich / daß Saladin dich an Lisetten sende /
Der treue Saladin / der seinen lebens-rest
In einer frembden lufft mit seuffzen soll... -
Wie lange muß dein knecht doch etwas von dir bitten /
Worinnen man dich nicht genung bewundern kan;
Ein stümper darff sich nur vor frembden ohren hütten;
Du aber greiffst den ruhm der besten meister an /
Und kanst dich über sie mit gutem... -
Was seh ich? ist es wahr? darff ich den sinnen trauen?
Wie? oder seh ichs nicht / was doch die augen schauen?
Ach! ja / sie ist es selbst / ihr gang / statur und kleid /
Trifft mit Lisettens ein / hier ist kein unterscheid.
So bin ich... -
Als ich nechst deine pracht / mein engel / wohl erwog /
Und mir den fürhang recht von beyden augen zog /
Da fand ich daß mit dir auff erden nichts zu gleichen;
Denn / wer vollkommen ist / vor dem muß alles weichen.
Hierauff sah ich den glanz...