Grüße nach Süden

Die Schwalben durchirrten im jauchzenden Chor
Die Lüfte mit fröhlichen Bogen;
Da tauchte begrüßend der Morgen hervor,
Sie schwangen sich jubelnd zum Himmel empor,
Und sind in die Ferne gezogen.

Sie flohn vor des eisigen Winters Nahn
Hinunter zum wärmenden Süden.
Ich schaute die Wandrer, die flüchtigen, an
Und dachte, sie werden auf eiliger Bahn
Doch einmal vor Abend ermüden.

Da seh'n sie vielleicht an des Stromes Rand
Herunter auf alte Ruinen;
Die Mauern, die grünender Epheu umwand,
Die werden bis wieder das Dunkel entschwand,
Zur Ruhe den Wanderern dienen.

Und mancher wol ist noch die Kraft nicht versiegt,
Sie will sie noch einmal erproben;
Und wie sie in goldenen Lüften sich wiegt
Da schaut sie dort unten ein Gärtchen und fliegt
Im Bogen hinunter von oben.

Du stehst wol im Garten, von Blumen umringt,
Die spät noch der Herbst Dir geboren,
Und schauest das Vöglein, das freudebeschwingt
Dich enger und enger mit Kreisen umschlingt,
Das ich mir zum Boten erkoren.

Und könnt' es nur reden, es flüsterte leis':
Ich komme vom nördlichen Lande,
Und bringe Dir Grüße so viel und so heiß,
Daß kaum ich sie alle zu sagen Dir weiß,
Am Neckar, am grünenden Strande.

Aus: Gedichte von Theodor Apel
Zweite vermehrte Auflage
Leipzig Verlag von Wilhelm Jurany 1848

Collection: 
1848

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