Die einsame Rose

Das Röslein steht am Felsenrand
Auf stillen Bergeshöh'n,
Dort blüht es einsam, nicht gekannt,
Und duftet doch so schön.

Es blicket weit hin in das Land
Wo seine Schwestern stehn,
Und wird auf steiler Felsenwand
Von unten kaum gesehn.

Doch blüht es weiter, wär' es auch
Für Sonne nur und Luft,
Und füllt ringsum durch seinen Hauch
Den Raum mit süßem Duft.

Und Du mein Herz, das einsam, fern
Von andern Herzen schlägt -
Was soll Dein Sehnen, das so gern
Dich in die Ferne trägt?

Was zieht Dich so gewaltsam fort
Zu Lieb' und Leid zurück?
Genügt Dir, wie dem Röslein dort
Nicht hier ein stilles Glück?

So schlage denn zu Andrer Lust
Bis Du zur Ruhe gehst,
Und dann in lieberfüllter Brust
Gebrochen stille stehst.

Aus: Gedichte von Theodor Apel
Zweite vermehrte Auflage
Leipzig Verlag von Wilhelm Jurany 1848

Collection: 
1848

More from Poet

  • O laß in Deines Blickes Milde
    Mich ruh'n in sel'gem Traum versenkt,
    Und schauen, wie mit eignem Bilde
    Dein liebes Auge mich beschenkt.

    Laß träumen mich, daß Deiner Seele
    Mein Glück, wie Du mir, theuer bist -
    Und...

  • Mir träumt', ich läg' in tiefer Nacht
    Sanft schlummernd Dir zur Seite,
    Da war's, als ob in milder Pracht
    Ein Schimmer sich verbreite;

    Als ob des Waldes Dunkelgrün
    Mit Gold sich überzöge,
    Manch' Vöglein, aufgeweckt...

  • O könnte doch die Nachtigall
    Dir meine Grüße bringen,
    Der holden Stimme süßer Schall
    Der dürfte wol allüberall
    Zu Deinem Herzen dringen.

    Und wär' der Rose nur ein Mund
    Geschenkt für Liebesklagen -
    Dir...

  • Das Röslein steht am Felsenrand
    Auf stillen Bergeshöh'n,
    Dort blüht es einsam, nicht gekannt,
    Und duftet doch so schön.

    Es blicket weit hin in das Land
    Wo seine Schwestern stehn,
    Und wird auf steiler Felsenwand...

  • Glockentöne hör' ich klingen
    Aus dem stillen Thal hervor,
    Sanft durch Abendlüfte schwingen
    Sie sich leis' zu mir empor.

    Thürme seh' ich fern sich heben,
    Schon gehüllt im blauen Duft,
    Und die leichten Nebel beben,...