An die Solimene

 
1.
Der himmel blitzt itzund auff meinen scheitel /
Und schmeist mit donner-keilen zu;
Ich leide recht / denn ich war gar zu eitel /
Ich suchte meiner seelen ruh /
In dem / das unruh mir erweckt /
Und seel‘ und leib fast in den brand gesteckt.

2.
Du solst nicht andre neben-götter haben:
Das ist / was das geboth uns lehrt /
Und ich hab Solimene deine gaben /
Die sterblich / fast als Gott verehrt /
Ein halber kuß war mein gewinn /
Davor gab ich den ganzen himmel hin.

3.
Wie offt hab ich durch falschen Wind gesuchet
Bey dir den hafen meiner lust?
Wie offt hab ich auch die minut verfluchet /
Wenn ich dein licht nicht sehen must?
Bißweilen fiel mir dieses ein /
Ich wolt‘ ohn dich nicht bey den sternen seyn.

4.
Zwar kan man dich die andre Venus nennen /
Die rose dieser flüchtigkeit /
Die sonne die den erdkreiß kan verbrennen
Durch strahlen ihrer göttligkeit /
Und einen engel / der so schön /
Daß alle welt vor ihm entzückt muß stehn.

5.
Doch haben engel auch einmahl gefehlet;
Die sonne leidet finsternüß;
Die schönste ros‘ ist mit dem dorn vermählet /
Ihr ambra stärckt / ihr dorn macht riß‘;
Und ob die Venus noch so gleist /
So weiß man doch daß sie ein irrwisch heist.

6.
Drumb werff‘ ich mich noch nicht zu deinen füssen /
Ich bete nur das himmlisch‘ an /
Ich will dir zwar / doch nicht als engel küssen
Wer ist der engel küssen kan?
Wer küsse nimmt hat fleisch und bein:
Du bleibst ein mensch wo du geküst wilst seyn.
(Theil 4 S. 134-135)

Collection: 
1709

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