An Libindgen.

 
1.
Güldenes rosenkind! perlene wangen!
Edelste blume! mein schönstes verlangen!
Deine verrichtung der himmlischen tugend /
Schmücket die güldenen rosen der jugend.

2.
Silberne lilgen-brust! lasse dich küssen /
Niedliches leibgen! komm laß dich umbschliessen /
Deinen narcissen-weis-seidenen händen /
Wil ich mich immer und ewig verpfänden.

3.
Milcherne wangen! was wolt ihr euch schämen!
Meine verliebete lippen zu nehmen /
Alle bey einerley Sonn‘ aufgegangen.

4.
Laß uns denn küssen / dieweil wir noch blühen /
Eh uns die rosen der wangen wegziehen;
Wenn uns das alter die blumen wird nehmen /
Wird sich kein mäulgen zum küssen bequemen.

5.
Schau wie die beyden narcissen dort stehen /
Gleich wie sie wolten zur stunde vergehen;
Ja auch der rosenknopff wil sich verschliessen /
Laß mich / ich wil ihn mit wasser begiessen.

6.
Nun mein Libindgen / mein einzigs verlangen /
Laß mich doch deinen mund küssend umbfangen /
Wird nur dein mäulgen mich itzund durchsüssen /
Wil ich dich tausendmal wiederumb küssen.
(Theil 4 S. 116-117)

Collection: 
1709

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