Nacht

Streife über meine Saiten
Feuchter Hauch der stillen Nacht,
Laß die Töne schwellend gleiten,
Wo der Liebe Sehnen wacht;
Hebe leicht wie Blüthenflocken
Mir die losgebund'nen Locken,
Daß sich rein das sanfte Licht
In des Auges Thräne bricht.

Oeffnet euch verborg'ne Pforten,
Heil'ge Schauer weht mich an!
Daß gewiegt auf Engelsworten
Meine Seele schlummern kann,
Daß begraben unter Düften,
Von des Mondes thau'gen Lüften
Aufgelöst, mein Herz vergißt,
Daß es Tag gewesen ist.

Ach aus tausend Götteraugen
Strömt der Blicke Himmelslust,
Und sie durstig einzusaugen
Thut sich auf die heiße Brust;
Ew'ge Liebesarme breiten
Sich in ungemess'ne Weiten,
Durch den festverschloss'nen Mund
Wird der Geist dem Geiste kund.

Collection: 
1844

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  • Du sagst: auf theuren Lippen wiegt
    Sich Deines Lebens Lust,
    Wirst, wenn sich Mund dem Munde fügt,
    Dir erst des Heils bewußt.

    Nicht so entscheidet mein Gefühl,
    Ob's auch von Liebe schwer;
    Ein Kuß gilt mir unendlich...

  • Streife über meine Saiten
    Feuchter Hauch der stillen Nacht,
    Laß die Töne schwellend gleiten,
    Wo der Liebe Sehnen wacht;
    Hebe leicht wie Blüthenflocken
    Mir die losgebund'nen Locken,
    Daß sich rein das sanfte Licht...

  • Liebster ich sterbe!
    'S ist mir so bang und weh -
    Saget ihr Augen,
    Wo ich euch wiederseh'?
    Blüthen und Freuden,
    Küsse und Leiden,
    Alles will scheiden?
    Nun denn Ade!

    Muß ich hinüber,...

  • In Lieb' und Dank sich selig auszudehnen
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    Ob Himmelslust, ob ungestilltes Sehnen
    Den feuchten Strahl im Seelenspiegel schuf,
    Er thauet kühlend auf die heiße Brust,
    Die der Bedeutung Tiefe sich...

  • Was klopft an die Brust?
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    Herein, nur herein!
    Doch kann's ja nicht sein -
    Längst wohnte sie dort
    Am heimlichen Ort.

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    Sind's etwa die Schmerzen?
    ...