Von seliger Wonne
Zu düsterem Grausen
Schwankt die genießende,
Bangende Liebe.
Du liegst mir im Arme
Mit glühenden Wangen,
Geschlossenen Auges,
Die schwellenden Lippen
Wie träumend erschlossen
Vor lechzender Sehnsucht
Nach brennenden Küssen.
Und immer, immer
Mit neuen Flammen
Durchjagt's mir die Seele,
Und immer, immer
Die zitternden Lippen
Von neuem press' ich
Auf Mund dir und Wangen,
Als müßt' ich dir rauben
Den süßen Atem,
Als müßt' ich ersticken
Dein warmes Leben,
Als müßt' ich dich küssen
Unersättlich,
Bis tot an die Schulter
Dein Haupt mir sänke,
Vor Glück entseelt. -
Tot ... entseelt ...
Und wenn er erschiene
Am andern Tage,
Der bleiche Allmächt'ge,
Des tags und nächtens
Die Erde durchschreitet
Und aus den atmenden,
Blühenden Leibern
Unstillbaren Durstes
Das Leben saugt -
Und er nähme mir dich!
Und würfe zum Staub
Deinen blühenden Leib! - -
Dann käme ein andrer
Als du mir ins Zimmer,
Mit kalten, feuchten,
Knöchernen Fingern
Die Hand mir reichend
Zu ewiger Freundschaft,
Ein seltsamer Fremdling!
Zur Seite mir wär' er
Bei Nacht und am Tage,
Bald irre Klagen
Ins Ohr mir raunend
Vom Glück der Liebe -
Bald gellend und lachend
Ins Ohr mir schreiend
Verrückte Geschichten
Vom Glück der Liebe! -
Das wäre der Wahnsinn.
Vorahnend schaut ihn,
Entrückt, meine Seele,
Und schon in der Ahnung
Packt er mein Innres,
Als wollt' er mir Nerven
Und Adern zerreißen - -
- - - - - - - - - - - -
Du aber fürchte
Dich nicht, Geliebte,
Weil wild meine Augen
Starren ins Leere;
Schon sink ich dir wieder
Ans pochende Herz:
Von seliger Wonne
Zu düsterem Grausen,
Schwankt die genießende,
Bangende Liebe! - (S. 34-37)