Historia. Ritter Gentile mit der todten frawen im grab.

Zu Boloni ein ritter saß,
Herr Gentile genennet was,
Reich, jung, schön und gerad von leyb.
Der het lieb eines burgers weib,
Die Katelnia ward genendt.
Von tag zu tag ye mehr er brend.
Die fraw war züchtig, weiß und klug,
Sein bitt und lieb im gar abschlug,
Als ein frumb weib getrewer art.
Nun sie eins kindes schwanger wart
Von Nicolutzo, irem herren.
Als er eins mals außreyt von ferren,
Die fraw inn grosser sunnen hitz
Hinnauß spaciert auff ihren sitz,
Da fiel sie inn ein schwer amacht,
Lag allso ein stund oder acht.
Ir lebend geist verschwunden gar.
Ir freund in hertzleyd kamen dar
Und klagten sie all samb für todt.
Ir arme seel befalhens Gott,
Legten inn ein capellen klein
Den leib inn einen holen stein.
Als der ritter erfüre, das
Sein hertzenlieb verschiden was,
Da wurd von hertzen er betrübet.
Die brinnend lieb ihn also übet,
Saß auff, reyt zu dem kirchlein nahen,
Das er möcht also todt umbfahen
Die, so doch vor sein lieb schlug ab.
Er machet auff das todten-grab,
Neigt sich nein, umbfing sie zu stund
Und küsset ihren blaichen mund.
Nach dem griff er nach hertzen lüst
Der liebsten an ihr beyde brüst,
Das im nie ward zu tayl im leben.
Inn dem entpfand der ritter eben,
Das ir noch klopfft ir schwaches hertz.
Fro war er und trug sie außwertz,
Fürt sie haim mit im auff seym roß
Bey Polonia auff sein schloß.
Sein mutter mit köstlichen würtzen
Der frawen wider bracht in kürtzen
All ir verschwunden geiste gar.
Nach dem die fraw ein sun gebar.
Der ritter ihr gevatter wurd.
Mit grosser freud nach der geburt
Pflag man ir heymlich auff der festen
In zucht und ehren nach dem besten.
Nach dem drey monat war vergangen,
Die fraw wart wider haym verlangen.
Der ritter richtet zu gar frey
Ein köstlich grose gasterey
Von wegen dieser wunderthat,
Lud auch viel burger auß der stat,
Der frawen ehman auch zu gast.
Als man nun aß in dem palast,
Ließ er kummen die frawen klug,
Die ir kindlein am arme trug.
Iederman sach sie fleissig an
Und sunderlichen ihr ehman.
Zu dem setzt sie der ritter nider,
Gab sie im mit viel wortten wider,
Erzelt end, mittel von anfangk.
Der sagt dem ritter lob und danck
Seiner ehrlichen trewen lieb,
Als Bocatius uns beschrieb,
Was seltzam weg die liebe sucht.
Doch wo sie bleibt in ehr und zucht,
Da endet sie viel ungemachs.
So spricht zu Nürnberg Hans Sachs.
Anno salutis 1544, am 26 tag Novembris.
(Band 2 S. 204-206)
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Collection: 
1870

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