Glosse

Laß uns blühen, wie wir blühn,
Eh' der Winter welker Jahre
Dir die goldgemengten Haare
Wird mit Silber unterziehn.
(Fleming)

Sollten wir dem Frühling wehren,
Daß er uns gleich Kindern schmükt,
Kränz' in unsre Haare drükt?
Laß die Blüthen nur sich mehren,
Stirn und Loken uns beschweren!
Wo die Blike schuldlos glühn,
Bleibt der Kranz der Liebe grün,
Wird umsonst vom Neid bestritten,
Und wir können nichts, als bitten:
Laß uns blühen, wie wir blühn!

Schönres kann die Welt nicht zeigen,
Als der ersten Jugend Blüthe,
Wenn des Herzens Sonn' erglühte,
Trunken sich die Knie neigen
Vor der Herrin, der wir eigen.
Nichts ist das sich da verwahre,
Keine Fülle, die noch spare,
Stolz wird jede Kraft verschwendet,
Eh' der Gram sie uns entwendet,
Eh' der Winter welker Jahre.

O die Brust voll hoher Liebe
Kann sich keine Fülle rauben,
Darf, gleich Göttern, an sich glauben;
Hingegeben alle Triebe,
Weiß sie, daß genug ihr bliebe!
Und so laß, du Wunderbare,
Daß ich Blumen um dich schaare:
Auch der Herbst wird seine haben,
Zieren gleich des Frühlings Gaben
Dir die goldgemengten Haare.

Keine Früchte sonder Bluth;
Wo die Jugend nicht geprangt,
Wo die Liebe nicht verlangt,
Lischt der Zukunft ernster Muth,
Und des Herzens ew'ge Glut.
Laß den Frühlingshimmel fliehn;
Was er scherzend uns geliehn,
Wollen wir dem Herbste leihen,
Wenn er unsre Lokenreihen
Wird mit Silber unterziehn.

Collection: 
1905

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Laß uns blühen, wie wir blühn,
Eh' der Winter welker Jahre
Dir die goldgemengten Haare
Wird mit Silber unterziehn.
(Fleming)

Sollten wir dem Frühling wehren,
Daß er uns gleich Kindern schmükt,
Kränz' in...

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