102.

102.
Herb' ist es, wo zwei Liebende sich trennen,
Am lezten düstern Abend sich bestellen,
Und trostlos wanken von den stummen Schwellen;
Was da das Herz zerreißt, ich lernt' es kennen.

Und wenn in Busen, die für Liebe brennen,
Des Zwistes Funken allverzehrend schwellen,
Da löschen auch die wilden Thränenquellen
Die Qualen nicht, die keine Worte nennen.

Ich kannte beides; und in meinem Wähnen
Verneint' ich größre Trauer könn' es geben
Und ungereimtre Reden, als die meinen.

O dürft' ich jetzt um Zwist und Irrung weinen!
Empfing' ich Lebewohl, und dürft' es geben!
Was seid ihr Thränen gegen diese Thränen!

Collection: 
1905

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