Gleich der Rose auf den Auen,
Bist du Liebste anzuschauen!
Lieder preisen dich und Rose;
Zwar nicht wie im Abendgrauen
Rosenlob der Nachtigallen
Tönt mein Lied; doch auch im rauhen
Klang ist süß das Lob der Liebe.
Kann ich doch auf Nachsicht bauen,
Denn wer schwiege, dich erblickend
Gleich der Rose auf den Auen?
Daß dir nichts zu der genauen
Gleichheit mit der Rose fehle,
Seh' ich ach! im Aug' dir tauen
Thränen gleich dem Tau der Rose,
Und wie sie, betaut vom lauen
Äther, sich zur Erde wendet,
Schlägst du nieder, Frau der Frauen,
Auf den Boden deine Blicke.
Möge gleich dem Hauch, dem lauen,
Der vom Tau befreit die Rose,
Milder Glanz von schönen blauen
Augen dir die Thränen trocknen,
Daß wir immerdar dich schauen
Gleich der Rose auf den Auen.
Aus: Edmund Dorer's Nachgelassene Schriften
Herausgegeben von Adolf Friedrich Graf von Schack
Erster Band Dichtungen - Übersetzungen
Verlag von L. Ehlermann Dresden 1893