Einem Dichterlein

O, säng’ ich doch von Veilchenduft,
Gleich Dir von Lieb’ und Mondenschein,
Von Waldesgrün und Himmelszelt,
Von Frühlingspracht und Vögelein!

Du säuselst laue Treibhausluft
Und weinst gewärmte Thränelein,
Und meinst, es müßt’ die ganze Welt,
Nur weil Du klagst, auch kläglich sein.

O, honigsüßes Dichterlein,
Der Du aus Büchern dichten lernst
Und flau besingst, was stets Dich mied:
Des Lebens echten Schmerz und Ernst.

Und doch! säng’ ich so zierlich fein
Gelernten Schmerz, geles’ne Lust,
Nicht spräng’ mir jedes kleine Lied
Ein blutig Mäuslein aus der Brust.

Collection: 
1870

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