1.
So soll ich dich / mein Engel / nimmer sprechen?
Und mündlich dir bekennen was mir fehlt?
Du siehst es zwar aus meinen augen brechen /
Doch hat mein mund es niemals dir erzehlt.
2.
Die mißgunst läst / dich schönstes kind / bewachen /
Die dich von mir stets abzuhalten sucht;
Es hüten meist die güldnen äpfel drachen /
Und schlangen sind bey der verbothnen frucht.
3.
Drumb muß ich blos mit frembder zunge klagen /
Es saget dir ein ander was mich drückt /
Doch darff ich‘s nie / wie mir’s um’s herz‘ ist / sagen
Weil uns ein freund auch offtermals berückt.
4.
Mich mag die macht der liebes-glutt verzehren /
Wo gegen dich was falsches an mir ist /
Du aber wirst nichts treuers sonst begehren /
Wenn einmahl nur du meinen mund geküst.
5.
Erlaubstu mir / so will ich zu dir kommen /
Bistu gleich ein verschloßnes paradieß
Durch wagen ward das goldne fell genommen;
Ich thu es auch an dir mein güldnes fließ.
6.
Immitelst trau auff dies was ich geschworen /
Mein herz‘ ist treu der mund verbleibt auch rein /
Denn liebe die natürlich blind gebohren /
Heist liebende auch stumm und sprachloß seyn.
(Theil 4 S. 126-127)