Dein Aug' ist meine Sonne, Kind,
Mein Leuchtthurm ist dein Licht;
So lang' die nicht erloschen sind,
Kenn' ich kein Dunkel nicht.
Wir standen heut' am Felsenwall
Und sahen niedergehn
Der Sonne feuerrothen Ball
Auf fernen Meereshöh'n.
Die andren Leute freuten sich
Der Licht- und Farbenpracht,
Doch mehr wie Andre freut' ich mich,
Mir war's ja noch nicht Nacht.
Denn vor mir standen Sonn' und Tag
In deinem Aug' zumal,
Und glühend wie die Welle lag
Mein Herz in ihrem Strahl.
Nun ist auch meine Sonne fort,
Und suchend blicken wir,
Die Andren auf den Leuchtthurm dort,
Ich auf dein Fenster hier.
Doch Beide sind noch schwarz und leer,
In keinem winkt ein Schein,
Und seufzend irr' ich wie das Meer
Tief in die Nacht hinein.
Aus: Franz Dingelstedt's Sämmtliche Werke
Erste Gesammt-Ausgabe in 12 Bänden
Siebenter Band Zweite Abteilung
(Lyrische Dichtungen Erster Band)
Berlin Verlag von Gebrüder Paetel 1877