Gnade wird dir, o meine Seele!
Die Nebel zerrinnen,
aufquellen die Fernen,
zur Feier gerüstet winken die Pfade.
O rauschet, ihr schweren Wälder!
Ihr Flüsse, murmelt!
Willkommen! o all ihr Genien!
Ihr Landschaften meiner Liebe!
Deine Gnade mir, o Liebe!
Und einem Hafen nahte sich mein Boot,
es war im Augenblick der grössten Kühle.
Mich überliefen schauernde Gefühle:
Ich ahnte irgendwo ein Morgenrot.
Erschöpft lag ich im Kahne und wie tot
und sank zurück in alter Träume Pfühle
und sank - da fühlt ich plötzlich ein Gewühle
von Armen, die mich packten; es gebot
in lautem Ton ein unbekannter Rufer
verbundnen Augs zu tragen mich ans Ufer,
wo man im Kreis mich drehte und verliess.
Wo bin ich? schrie ich in die Stille, bis
fernher mir Antwort kam: Im Menschenland! -
Da löste ich die Binde mit der Hand.
Bevölkert sind nun meine Einsamkeiten:
Wo einstmals Wiesenteppiche sich dehnten
und an die vielgeliebten Wälder Berge lehnten
und stumm dalagen unermessne Weiten,
da seh ich Häuserfronten grau sich breiten
mit hohen Fenstern, offnen, müdgegähnten,
als ob nach keinem Aufblick sie sich sehnten,
und auf den Strassen viele Menschen schreiten,
die sich nicht ansehn und sich nicht berühren
und nur in sich das dunkle Leben spüren,
durch das sie gehen wie ein stiller Traum,
verschwiegen, scheinbar kühl und ohne Seele
und so, als käm kein Laut aus ihrer Kehle,
mir fremder, als im Wald der stillste Baum.
Du bist ein Kind und trägst in dir das Wehn
verhüllter Nächte und verborgner Tage.
Dein reines Seelchen kennet keine Klage
und hat die Kraft, im Spiele aufzugehn
und alle Dinge lächelnd anzusehn
und hinzunehmen ohne eine Frage.
Du schreckst nicht auf beim späten Stundenschlage
und fühlst nie bange Mächte dich umstehn
und schreitest unberührt durch offne Türen,
die tief in aufgetane Gärten führen,
wo schwüle Winde flüstern, warm und schwer ...
Doch manchmal, wenn die Landschaft plötzlich dunkelt
und du allein bist: Wie dein Auge funkelt!
Dann bist du nicht mehr Kind. Dann bist du mehr.
Ich weiss, es kommen Stunden, wo du ganz
in dich versunken bist und deine Stille
und in dir anklingt ein erwachter Wille
und unter deines Haars verschlungnem Kranz
sich ängstlich wölbt die Stirne voller Glanz
und du mit tiefverhangener Pupille
zurück dich sehnst in deine erste Stille
und halberzwingst und siegst und doch nicht ganz
und dann die Arme hebst und horchst nach innen,
um diesen fremden Etwas zu entrinnen,
das immer tiefer in dein Dasein bricht
und dich verstrickt in unsichtbare Netze
und das an dir erfüllet die Gesetze
des ew'gen Seins. Du aber weisst es nicht.
Unruhig Blut, willst du denn nicht verkühlen?
Was hast du nur? Ich höre laut dich fliessen
und wellenweise dich ins Herz ergiessen
und alte Dinge von der Schwelle spühlen.
Ich höre neue Gänge dich durchwühlen,
in unbekannte Gründe dich ergiessen.
Halt ein! Ich möchte meine Augen schliessen.
Muss ich denn immerdar dein Glühen fühlen?
Das pocht und pocht und will nicht stille werden.
Das gräbt und wühlt mit bebenden Gebärden,
als ging ein Irrer suchend in mir um.
Und wieder hör ich an der Türe pochen
und Worte tönen, wie von fern gesprochen
und wie aus einem Evangelium.
Ich wälze ruhlos mich in meinem Bette -
ich höre Schritte an der Türe gehen,
und eines unbekannten Atems Wehen
schwebt duftend über meiner Lagerstätte.
Gesprengt am Boden liegt die starke Kette,
damit die Türen ich verriegelt. Spähen
nicht fremde Augen dort in tiefem Flehen?
Und nahn sich geisterleise meinem Bette?
Und Menschgestalt? Ihr Blick nimmt mich gefangen.
Und doch nicht Mensch. Nur menschliches Verlangen
strömt mächtig aus dem Wesen her zu mir.
Wie kamst du durch die starkbewachte Pforte?
Bist du das Schweigen? Hast du keine Worte?
Ich bin die Liebe. Friede sei mit dir.
Gib mir die Hand, wir wollen weitergehen.
Das Haus der Einsamkeit musst du verlassen.
Wir wollen Menschen an den Händen fassen,
der Menschen Atem birgt ein süsses Wehen.
Lass fern von dir die schweren Wälder stehen.
Wir wandern selig weissumwölkte Strassen.
Ich führe dich durch schmale Felsengassen
und niegeahnte Dinge wirst du sehen.
Gefilde blühen dort in ew'ger Schöne,
und unsichtbare Harfen rauschen Töne,
und höchste Freude ist: Gib mir die Hand ...
Nun leb ich leise schon in deinem Innern.
Fahr zu. Ich will mich deiner gern erinnern,
ich führe dich in das verheissne Land.
In sel'ger Blindheit wandelst du vorüber
an mir und ahnst nicht, wie unsäglich
ich mich verändert und verändre täglich
und wie auch mir die weiten Himmel trübe
erscheinen, wie aus tiefer Nacht herüber
und wie mir Stunden nahen, unerträglich
und meine Blicke, ernst und unbeweglich
an einer haften bleiben, die vorüber
und waldwärts schreitet mit verhaltnem Schritte
und sich zur Erde wirft in seiner Mitte
und in die Stille lauscht, die klangumtönte,
um endlich das Geheimnis zu erzwingen,
indessen fern und unter Händeringen
sich ruhlos wälzt, der sie erlösen könnte.
Und plötzlich springst du auf von deiner Schwelle
und atmest tief. Nun hast du überwunden
und deine grossen Augen glühn: Gefunden.
Du zitterst noch und bebst wie die Gazelle
und wirst auf einmal laut wie eine Quelle
und deine Lippen sich zum Sange runden
und rufen auf verhaltne Feierstunden,
und aus den Bäumen dringt purpurne Helle.
Gewölbe springen über deinem Haupte!
Ich kenne dich nicht mehr, du Kind-Geglaubte!
Du bist nicht du! So jubelnd singt kein Kind!
Es rauscht in deinem Lied von wilden Tänzen
und rote Rosen Mädchenstirnen kränzen,
die feuerheiss wie junge Liebe sind!
Mein Herz schrie auf in tiefer Mitternacht.
Mein Herz schrie auf beim glühen Morgenrot
und fieberte und litt und war wie tot
nach einer langen und verlornen Schlacht.
Und wieder ward es Tag und wieder Nacht.
Ich rief nach dir inbrünst'ger als nach Gott,
bis plötzlich eine weisse Hand sich bot
und fest mich hielt. Dann bin ich aufgewacht.
Und nun ist Tag. Die Wände stehn im Lichte,
und Augen glühn aus einem Angesichte,
und eine Stirne neiget sich, wie wenn
mit ihrem Glanz sie mich berühren wollte:
Ich wusste ja, dass ich nicht enden sollte
so gänzlich ungestillt, du kämest denn.
Der Liebende
Und einem Schiffe gleichet meine Seele,
das unaufhaltsam und durch Sturm und Regen
dem abgelegnen Hafen fährt entgegen,
dass es mit seiner Stille sich vermähle.
Wie dürstet mich nach dir, du Frauenseele!
Fühlst du mein Innerstes sich nicht erregen?
Das ist ein Streben und Sich-Hinbewegen
zu deiner Ruh nach göttlichem Befehle
beim Licht des Tages und beim Glanz der Sterne.
Gib mir ein Zeichen! Liebe, rede du!
Wie meine müden Finger wund sich dehnen: -
Was stehst du unbeweglich in der Ferne?
Bist du die unnahbare, ew'ge Ruh? -
Und ich das ew'ge, unstillbare Sehnen?
Die Liebende
Wie eine Blüte bin ich, die zur Stunde
sich unsichtbar im Innern ausgestaltet
und die nun ihre Blätter scheu entfaltet
aufdeckend eine langverhüllte Wunde,
die leise fieberte auf meinem Grunde
und immer wühlend noch im Innern waltet
bis sie einst stumm und ungestillt erkaltet. -
Wie send ich meine Blicke in die Runde
nach dir, du grosse, gnadenreiche Sonne!
Du kannst mich heilen! Still! O welche Wonne!
Dich Gebende! Dich Milde! bet ich an!
Vor deinem Glanze muss ich mich enthüllen:
o, komm, mit deinem Licht mich zu erfüllen!
Ich bin bereit und still und aufgetan.
Welch tiefe Sehnsucht legst du in mich nieder
und lässest seligbang mich wieder schwanken.
Du füllest mich mit herrlichen Gedanken
und zauberst vor die Seele duft'gen Flieder.
In warmen Strahlen rinnst du an mir nieder.
Du hütest mich wie einen Fieberkranken,
zerstörst und bauest mächtig neue Schranken.
Du lässt mich dürsten und du tränkst mich wieder.
In tiefen Nächten lässt du mich genesen
um qualvoll wiederum in mir zu wesen.
Du nimmst und gibst, bist klar zugleich und wirr.
Und doch, du reissest mich empor zum Leben.
Ich hab dir meine Seele hingegeben:
Du übermächt'ge Kraft, ich glaube dir!
Ich kann die Augen schliessen mit den Händen:
Du drängst dich unaufhaltsam durch die Spalten.
Ich mag die Nacht dir schwer entgegenhalten -
du gleitest dennoch stumm entlang den Wänden.
Ich stelle Wächter aus an allen Enden,
jedweden Fremdling rufend anzuhalten:
Du nahest lächelnd dich den Nachtgestalten,
die deine übermächt'gen Strahlen blenden.
Ich flieh vor dir in meine Traumgemächer
und stürze wild den übervollen Becher:
Herauf! Ihr Träume! Schäume! Abenteuer!
Umsonst - die Stille spottet meiner Worte.
Und wieder stehst du in der offnen Pforte,
und meine Seele loht in lichtem Feuer.
Es gleisst die Luft im heissen Mittagsschweigen.
Wir sind der Stille sehr willkommne Gäste.
Wir lieben beide ihre heil'gen Feste.
Sie will uns ihre schönsten Schätze zeigen.
Es klingt Musik von unsichtbaren Geigen
durch grüne Bäume moosbedeckte Äste.
Von ihren Früchten gibt sie nur das Beste,
ganz leise schüttelnd an den schweren Zweigen.
Der Vorhang zittert leicht im Hauch der Lüfte,
und fremde, feine, unbekannte Düfte
verbreiten wunderbare Seligkeit.
Sie hat die Schwere ganz von uns genommen,
und für die Erde sind wir nun vollkommen.
Und tiefe Stille. - Friede. - Hohe Zeit.
Du bist verworrner als des Meeres Rauschen,
geheimnisvoller als der Winde Wehen.
Ein fremdes Etwas ist in deinem Gehen.
Du zwingst das Schweigen, deinem Schritt zu lauschen.
Du bist ein Ton im hohen Wälderrauschen,
der hohe Ton, den wir noch nicht verstehen.
Bist du Erfüllung? - Oder bist du Flehen?
Ist deine Seele nicht ein ew'ges Tauschen?
Denn übermächtig blicken deine Augen,
aus denen alle Wesen Liebe saugen,
und tiefe Stillen stehen um dich her.
Es späht der Abend lang nach dir herüber.
Du aber wandelst märchenstill vorüber
und neigst dein Haupt und bist von Liebe schwer.
In dieser Landschaft schau ich deine Seele:
Wie jugendlieblich lebt's im Vordergrunde,
es badet sich im See die Morgenstunde,
dass neu die Welt dem Lichte sich vermähle.
Seeüber hallt ein Lied aus Vogelkehle,
das Echo lispelt schelmisch in die Runde.
Durchsichtig sind die Fluten bis zum Grunde
und klar und lieblich, ohne Schuld und Fehle.
Im Hintergrunde hängt ein duft'ger Schleier.
Dort hält die Schönheit ew'ge Liebesfeier,
die unfassbare, tiefe Schweigerin.
Ein Windhauch bringt den Schleier in Bewegung.
Ich sehe hin in seliger Erregung,
und dunkel ahn' ich ihren hohen Sinn.
Der Tag ging ruhig, wie ein Greis zu Ende.
Wir sassen schweigend bei dem Abendmahle,
und Stille war in unserm kleinen Saale.
Das Zwielicht rann gedämpft um unsre Hände.
Da brach es unaufhaltsam durch die Wände
und war nun zwischen uns mit einem Male
und bot uns lächelnd eine volle Schale
und gab und sprach: Nun trinket ohne Ende!
Ihr trinkt mein Blut, der Erde Grund entronnen,
das leuchtend quillt und pulst in fernen Sonnen.
Fühlt ihr noch nicht, wie's in euch wogt und fliesst,
den Endlichkeitsgedanken leis vernichtend
und zu Unendlichkeiten euch verdichtend?
Ihr trinkt mein Blut, das kühl und ewig ist.
Heilige Stunde
Ich lud dich auf des Abends stille Stunde
als einz'gen Gast. Dann müssen rings auf Erden
die unzählbaren redetrunknen Munde
und alle Rufer stille werden.
Verklärt und leidenlos im Hintergrunde
verraucht der Tag auf kaltgewordnen Herden,
und in der Täler nachtbereitem Grunde
entschläft der Wind an seinen Traumgebärden.
Nun magst du nahen, magst vorüberkommen.
Was unrein war, das ist von dir genommen.
Nun bist du selber Abend, gross und still
und losgelöst vom dunkeln Umgelände
und stehst vor mir und faltest deine Hände
wie eine, die sich offenbaren will.
Das Tanzlied
I.
Von fern Musik, anschwellend, klar und rein.
Sie füllt mit ihren Stimmen alle Wälder,
schwebt über weiche Wiesen, goldne Felder
und trägt den Zauber auch in dich hinein.
Geniessend duldest du die süsse Pein.
Dass sie sich völlig nun mit dir vermähle,
durchdringt sie deine unberührte Seele
und wirkt in dir, wie schwerer, junger Wein.
Und unerlöst, wie hinter dunkeln Gittern,
wo eines neuen Lebens Hauch sie wittern,
die angespannten Glieder leise zittern.
Und plötzlich bricht der Wald sein banges Schweigen:
Im Takt der Töne sich die Zweige neigen.
Du atmest auf und du beginnst den Reigen.
II.
Du schwebst im Takte seliger Gesänge
auf abendstiller Erde leicht dahin
als wär kein Wesen sonst seit Anbeginn
und tief in deiner Brust erbrausen Klänge.
Doch nie verirrst du dich in ein Gedränge.
Du bist allein. Du bist die Welt, der Sinn!
Du bist der Rhythmus! Du bist Königin!
Du bist Bewegung, Schönheit und bist Menge,
und deine Füsse haften nicht auf Erden.
Es lebt das All in deinen Handgebärden!
Du bist für jedes Ding das trunkne Ohr.
Zum Himmel hast die Blicke du gerichtet,
und alle Werke sind für dich gedichtet,
und deine Seele jubelt: Auf! Empor!
III.
Ermattet sinkst du auf die Erde nieder,
zu weit ins Blaue sich dein Blick verlor.
Noch immer liegt der Klang dir tief im Ohr,
und die Musik im Herzen hebt sich wieder.
Aufs Neue ist gelöst der Bann der Glieder,
und deine Lichtgestalt schwebt wie zuvor,
nur stiller, ruhevoller durch das Tor
der nahen Nacht, geschmückt mit duft'gem Flieder.
Gelassen ziehst du deine ew'gen Kreise
dahin, dahin auf unsichtbarem Gleise,
allmählich tauchest du im Schatten ein.
Die Füsse wollen ihren Dienst versagen
und wollen deinen Körper nicht mehr tragen -
Du fühlst es plötzlich: Grenzenlos allein ...
IV.
Zum leisen Schreiten wandelt sich dein Tanz,
und zögernd kommen auf des Feldes Mitte
zum Stillstand deine plötzlich schweren Schritte.
Auf deiner Stirne ruht ein fremder Glanz,
und um dein Haupt ringt sich ein Dornenkranz.
Dein Auge starrt, wie wenn es Schmerzen litte.
Es ist, als ob von deiner Schulter glitte
das Kleid der Freude, und als ob sie ganz
dich fliehen wollte und dich stumm verlassen
und treulos weiterwandern weisse Strassen,
und welke Trauer schleicht sich in dein Herz -
Das ew'ge Schicksal hast du vorempfunden,
und duldend trägst du seine roten Wunden
und neigst dein Haupt und bist auch gross im Schmerz.
V.
Und wieder klinget eine Saite an,
nur leise, tief von innen, schmerzdurchlebt,
und deine qualerfüllte Seele bebt
und richtet ihre Blicke himmelan.
Und weiter trägt auf vorgeschriebner Bahn
dein Fuss dich hin. Und deine Seele hebt
den armen Leib, dass er mit ihr entschwebt,
und nicht mehr fühlest du den dumpfen Wahn,
der dich an diese dunkle Erde kettet,
mit Steinen in das gleiche Grab dich bettet -:
Du flügelst auf aus kaltem Mutterschoss,
des Erdreichs dumpfe Schwere überwindend
und mit dem Urgeist deinen Geist verbindend
und schwebest selig, aller Fesseln los.
VI.
Mit einem Sinn, der über allen Sinnen,
empfindest du des Lebens dunkles Sein.
Nichts ist mehr aussen, alles flutet innen,
mit vollen Eimern tief in dich hinein.
Und neugestärkt, verklärter, stumm beginnen
die Füsse ihren alten, ew'gen Reih'n.
Die blauen Fernen leis vorüberrinnen,
es spiegelt sich in dir des Himmels Schein.
Es ruht in dir das Fernste, Längstvergangne,
von Geisteskräften mächtig Eingefangne
in einer Fülle, die du selbst nicht weisst,
die, aufgerufen, sich verhundertfältigt,
und plötzlich rufst du, gross, doch überwältigt:
"Nun bin ich Frucht! Empfange meinen Geist!"
Lieder der Liebe
Meiner Fülle trunken schwebte Gott durch die Räume
und schuf seiner Werke wunderbare Gebilde.
Glühende Sonnen entwanden sich seinen Händen,
und kalte Erden rollten zu seinen Füssen,
brausende Meere griffen nach seinem Kleid.
Und es zitterte vor Erregung Gott-Schöpfer,
und seine ungeheuren Stillen schollen von seinem Gesang.
Und war ein Hymnus erhaben und weltgewaltig.
- - - - - - - - - - -- - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Und als seine Stimme sich endlich im Raume verloren
und ihn die eherne Stille wieder umfing
und seine Werke lagen wie Steine und Leichen:
"Lebt denn niemand als ich" rief er
und riss aus der Brust mich, sein jubelndes Herz.
Rot quoll mein Blut, und Schöpfers Hände rauchten,
und er träufelte meine rauchenden Tropfen
allen Geschöpfen verbundenen Auges ins Herz.
Und Flammen schlugen aus Kohlen und Asche.
Und überall Atmen! Und Blühen! Und Leben! -
Und mir der Schmerz. - Es blutete meine Seele
und ringt seit Ewigkeiten nach all ihren Gliedern
und schreit vor Lust, findet sie einmal nur
in der Brust eines Geschöpfes ihre leuchtende Kraft
ihr entgegenglühen. Leiser dann fühl ich den Schmerz,
ist mir doch, als hätt ich mich selber gefunden.
Ich suche mich unermüdlich in allen Dingen.
Ich bin die Seele aller Dinge.
Ich bin die Seele aller Dinge. Ich bin die Liebe.
Ich lebe dunkel in den Wurzeln der Bäume.
Tief in der Erde bin ich das glühende Feuer.
Ich bin im Hauch der Lüfte
und im Rauschen des Meeres.
In den Menschen bin ich das singende Blut.
Ich fahre dahin im Kleide der Morgenröte.
Des Abends müde Trauer ist meine Trauer.
Die Sonne nenn ich Schwester
und die Sterne Brüder.
Ich bin überall.
Ich bin die Seele aller Dinge.
Ich bin die Sehnsucht aller Dinge.
Gefesselt starr ich aus den Stirnen der Berge.
Laut und gewaltig tön ich aus brandenden Meeren.
Unruh der Name meines Tempels.
Unruh die flackernden Lichter meiner Altäre.
Unruh im Murmeln meiner quellenden Bronnen.
Nacht - ist mir Tod. Sonne heisst meine Sehnsucht!
Aus der Tiefe der Erde bet ich um Sonne.
Aus Kinderaugen schaue ich aus nach Sonne.
Des Menschen letzes Beten heisst Sonne - -
Ich bin die Sehnsucht aller Dinge.
Sahet ihr meine Brunnen nicht überfliessen
in heissen Sommernächten?
Hörtet ihr meine Stimme nicht
im Ruf eines Tieres, das zur Tränke ging?
Fühltet ihr mich nicht zittern in eurem Leibe,
ihr Einsamen unter den Menschen?
Lag ich nicht dunkel wie Träume in eurer Seele? -
Sahet ihr nie im Überschwang meine Seele:
Fallen als Sterne durch nächtliche Tiefen
zu liebeglühenden, einsamen Sternen?
Ein Verkünder bin ich dem Einsamen unter euch,
dem Rätsellöser, dem Tiefensucher.
Ich führe ihn über hohe Berge und schmale Täler.
Ich hebe den Vorhang vor seinen Augen:
Er schaut die Rätsel, in Schweigen gehüllt und ewige Schönheit.
Und ich stille die Lust seiner Suchbegierde.
Er verlangt nicht mehr den Schlüssel der letzten Tore.
Er ahnt und fühlt der Geheimnisse tiefen Sinn -
Und was ist seliger als Ahnen und Fühlen?
Ein Dichter und Harfner bin ich allen Liebenden.
Sie öffnen mir willig ihre stillen Gemächer.
Sie horchen lange auf meine nahenden Schritte.
Ihren Seelen bin ich der Gast der Gäste.
Von meinen Liedern lassen sie sich berauschen.
Ich führe sie an die Ufer stiller Wasser
und fahre sie zu den Inseln der Seligen.
In dumpfen Nächten wach ich an ihrem Lager.
Glück leuchtet mir ihrer Augen Glanz.
Ich liebe die Liebenden.
Ein Dichter und Harfner bin ich allen Liebenden.
Aeonen denk ich zurück
an meine tiefversunkene grosse Jugendzeit.
Seliges Dasein, als ich dir nahe war.
O Gott, ganz allein!
Dein mit allem!
- - - - - - - - -
Da, als du aufgingest in deinem Beruf
und, o Erbarmer, deine Seele
hingabest an alle Dinge,
da lag ich dunkel in ihnen und unbewusst
und kreiste um dich und wusste nicht,
wo du warest
und hatte tiefe Sehnsucht nach dir.
Atome verband ich zu Molekülen.
Mit unzähligen Händen griff ich um mich
und wand mich und fieberte und litt.
Nach Bewusstsein rang ich und formte
und bildete
und warf mich in neue Gewande.
Und fühlte, wie es sich hob über mir
und ahnte eine verheissende Wärme.
Da ward ich Stein und empfand
über mir eine wohlige Leichte.
Doch immer noch rissen zu meinen Füssen
Ketten von grosser Schwere und hielten mich nieder.
Und ich zerbröckelte und ward Erde und fuhr auf
im Atem des Windes und ward Pflanze
und wuchs und wuchs.
Nach oben zog's mich. Ich musste! Ich musste!
Da gab ich meiner Sehnsucht eine Stimme:
Im Schrei eines Tieres erzitterte ich!
Ich fühlte, wie meine Ohnmacht schwand.
Da rang ich heisser und verfeinerte meine Sinne:
Da ward ich Mensch!
Tag neuen Lebens! Güldene Morgenröte!
Welch ein Gefühl in mir!
Welch fremdes Wogen!
Schweigen ringsumher
und grenzenlose Einsamkeit.
Still! Rief da nicht eine Stimme?
Wieder und wieder!
Meine Finger dehne ich wund.
Meinen Willen rufe ich auf.
Leere Räume fassen meiner Kehle Laut:
Wo bist du? - Wo bist du? - -
Und zurück hallt's wie das Echo meiner eigenen Stimme
und auseinander tritt der Raum.
Auftut sich ein Meer.
Dort, dort, aus Wellentiefen,
schillerndgrünen, hebt sich's empor:
eine Hand, ein Arm, marmorweiss.
Leuchtende Augen zwischen flutendem Haar.
Wie hebt sich die Brust!
Wie ringt sie nach Atem!
In ihrem Munde erstirbt ein Schrei!
Schrei eines Weibes!
Kraft gibt mir die Sehnsucht!
Mein Wille wird Tat.
Meine Arme breit ich aus.
Ihre Arme hebt sie empor.
Nach weissen Händen will ich greifen.
Mir entgegen hält sie ihre Hände.
Schauer der Berührung!
Du Mann! Du Weib!
Erfüllung ist nahe!
Umfangend umfangen.
Wer bist du? Wer bin ich?
Aufgelöst. Ein Leben!
Wir! Wir!
Was klingst du so schwer, meine Sprache?
Licht wird alles um uns.
O Sonne, o Sehnsucht! O all ihr Dinge!
In eure Wirrung schau ich einmal bewusst.
Ermattet sink ich zurück.
Ab fällt mein Kleid.
In neue Gewande muss ich mich werfen.
Verwandelt kehre ich wieder.
Stetes Zerstören!
Ewiglich Bauen!
Zerschellen muss diese Erde
und hindonnern an glühender
Sonnen Küsten!
Glut muss ich werden
und Feuer und Geist,
ganz Geist.
Dann, o Gott! sind alle Dinge wieder dein.
Dann darf ich wieder dein sein mit allem.
O komm!
Du Langersehnte!
Du Allesstillende!
Du meine zweite, ewige Jugendzeit.
Schlafe, schlafe, o Welt!
Leise nahet die Nacht,
alles Sehnen ist still
und erfüllet die Zeit.
Schlafe, schlafe, o Mensch!
Was schreist du auf aus den Träumen?
Seele, fürchte dich nicht!
Siehe, ich trage die Welten,
in mir glüht euer Schmerz,
so, mit allen verwachsen,
sink ich dem Schöpfer ans Herz.
Höre: der Ew'ge ist gut
wenn wir ihn auch nicht erkennen.
Glaube: wenn wir verbrennen,
verglüht er sein eigenes Blut!
Leise lächelst du schon,
denkst: was wäre ein Gott,
der sich erschaffen zur Qual,
zu leiden unselige Not? ...
Nein, er schuf sich das Glück!
Ohne Frieden und Ruh,
ohne Freude und Glanz
wäre denn Gott auch nicht Gott.
Schlafe, schlafe, o Welt!
Alles Sehnen ist weit.
Still ist jeglicher Mund,
erfüllet die Zeit.