Ob Zackengeklüften und einsamem Land
Ist weithin ein purpurnes Leuchten entbrannt;
Es tanzen die Funken, es flicht sich der Glanz
Um marmorne Hallen als lohender Kranz.
Im Burghof die schlafende Brunhild sich regt,
In flammende Fesseln vom Gotte gelegt, -
Es läuft durch die Adern ihr brennende Pein:
Wer wird mich aus Feuern und Banden befrei'n?
Da donnert das Thor und das glüh'nde Gestein,
Es bricht wie mit Lenzesgewalten herein ...
Ein stürmendes Roß! ein beflügelter Held,
Der siegend die Schranken zu Boden gefällt!
Goldsträhnig Gelock überdrängt ihm das Haupt,
Wie üppig Geranke, das Gipfel umlaubt;
Ihm leuchtet die erzene Stirn unter'm Haar -
Und drunter gewitternd sein Augenpaar ...
Jung Siegfried entgürtet das reizende Weib,
Er lös't ihr die feurigen Bande vom Leib,
Er küßt ihr das schlafende Augenpaar wach,
Da schüttert der Bau bis in Säulen und Dach ...
Gelöst ist der Zauber! Die Burg, sie zerbirst -
Schon nagen die Feuer am goldenen First;
Er hebt die Ersiegte aufs Streitroß empor,
Und stürmt in die Freiheit durchs flammende Thor.
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So liegt auch die göttliche Leidenschaft
Von Gluthen umlodert in einsamer Haft;
Und nur, wer den feurigen Gürtel durchbricht,
Der hebt ihr Geheimniß zu Tag und zu Licht!
Und nur, wer ein Siegfried in leuchtender Kraft,
Der verborgenen Sehnsucht Erlösung verschafft,
Wird den schmerzlichen Gluthen zum Trotz, und dem Stein,
Das Schöne erlösen vom Traume zum Sein!
aus: Dichtungen von Alberta von Puttkamer
Leipzig 1885