10.
Ich möchte wohl solch eines reinen Knaben
Verschwendend ersten Liebesjubel haben
Und seine glückgeschwellten Lippen küssen,
Die noch von Frauenmund und -Leib nichts wissen.
Behutsam hielte ich die volle Schale
All seiner Zärtlichkeit in scheuer Seele,
Daß nicht zu früh und nicht mit einem Male
Um seinen Reichtum ihn mein Herz bestehle.
Nur leise wollte ich von seinem Wissen,
Das unbewußt sein Sinnenfühlen leitet,
Die Schleier lösen, bis sie fallen müssen,
Und er aus Traum ins heiße Leben gleitet.
Doch dann, doch dann / ihr Ströme von Entzücken,
Wie würdet niederstürzend ihr beglücken,
Aus ewigen Quellen solche Wonnen schenken,
Daß wild zwei Seelen nur noch, ›Sterben‹ denken!