16.

16.
Wer leichten Muths, weil, was sein Herz erlesen,
Nur Kaltsinn kennt, ihm lächelnd kann entsagen
Und heiter gehn wie in vergangnen Tagen,
Glaubt nicht, daß er begriff der Liebe Wesen.

Was enden kann, ist Liebe nie gewesen,
Ein Joch ist sie, für ew'ge Zeit zu tragen,
Sie bannt dich fest an ihren Siegeswagen
Und läßt zur Freiheit niemals dich genesen.

So herrscht sie starr, ein himmlisches Verhängniß,
Und läßt dich nicht, ob Huld dir lohnt dein Werben,
Ob, was du liebst, der Gluth stets bar geblieben:

Wohl klopft das Herz, das Gunst nicht fand, in Bängniß,
Zertreten zuckt's und wünscht sich bald zu sterben,
Und sieh! es bricht, doch hört's nicht auf zu lieben.

Aus: Gedichte von Albert Moeser
Erste Sammlung
Dritte sehr veränderte und vermehrte Auflage
Hamburg Verlagsanstalt und Druckerei Actien-Gesellschaft
1890

Collection: 
1890

More from Poet

  • 9.

    9.
    Blitz der Liebe
    Sie sitzen jahrlang zimperlich am Theetisch,
    Und mählich wird ein matt Gefühl geboren,
    Ein zücht'ger Kuß - es wird der Bund beschworen,
    Und ihren Segen giebt Mama pathetisch.

    Ich fass' es...

  • 8.

    8.
    Liebesahnung
    Gar lieblich ist's, o wohl! und süße Pflicht,
    Erprobten Bund unwandelbar zu pflegen,
    Erkornem hold treufesten Sinn zu hegen,
    Bis todumflort erlischt des Auges Licht.

    Doch schöner ist es - wer...

  • 7.

    7.
    Das ist des Frühlings Gruß, der wunderholde,
    Sanft kost der Wind mit Fluthen, spiegelglatten,
    Die Welt wird hell, es grünen neu die Matten,
    Es sproßt am Strauch die junge Blüthendolde.

    Zu Wolken auf, umsäumt vom Sonnengolde...

  • 6.

    6.
    Der Liebe Werth schätzt nur, wer viel gelitten,
    Wem neues Leid schuf jegliches Erwachen,
    Wer stets durch Nacht und Sturm den Lebensnachen
    Gezwängt und doch sich Frieden nie erstritten.

    Wer stets durchs Leben ging mit...

  • 5.

    5.
    Ich kann jedwedes Ungemach ertragen,
    Gerüstet bin ich wider Schicksalstücken,
    Nie wird ein Leid mich ganz zu Boden drücken,
    Im tiefsten Kern mich treffen nie und schlagen.

    Nur Eines zähl' ich zu den höchsten Plagen:...