109.

109.
Am Fenster oft verträum' ich ganze Stunden;
Ich weiß nicht was ich will und was ich denke;
Ich blick' auf Kleider, zierliche Gehenke,
Und traure, wenn sie von der Straß' entschwunden.

Ein dunkles Haar, auf deine Art gewunden,
Ein Gang, ein Wuchs, von dem ich find' er senke
Sich wie der dein', und dieser Arm, er schwenke
Sich wie dein Arm; das will mich süß verwunden.

O wären solche Züge, die dir gleichen,
Von deinem Geist beseelt, von deiner Güte,
Der gleiche Wuchs, verspräch' er gleiche Liebe:

Ich weiß nicht was ich thät', ich lief', ich schriebe,
Bis das verwandte Wesen für mich glühte,
Und, selbst getäuscht, mir Täuschung könnte reichen.

Collection: 
1905

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Strebt' ich auch, was mich umflicht,
Aus der Seele wegzudrängen;
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Ach! mit tausend Knoten zwängt es,
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(Triolett)

Galt es mir, das süße Blicken
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Galt es mir, das süße Blicken?
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Galt es mir,...

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(Fleming)

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