Zum neuen Jahre nach alter Weise

Liebes Neujahr, weißt du was?
Komm und kränze Geist und Glas.
Ist drinn Wein, soll’s lieb uns sein,
Ist drinn Wasser, mach’s zu Wein.

Solche Wunder mußt du thun,
Sollen alle Klagen ruhn;
Lehr’ die Welt, wie Heiterkeit
Meister wird der schlechten Zeit.

Sei, wie Jungfer Lieschen, hold,
Nimm uns All’ in Minnesold;
Lache doch, wenn’s Schicksal spricht:
Sieh mich an, und lache nicht.

Wer ’ne Jungfer Lieschen hat,
Kriege nie ihr Mäulchen satt;
Deine Mutter Lies’ auch sei
Lieb und hold dir, wie der Mai.

Sehn wir in die Zeit hinaus,
Ziehe nicht die Stirn sich kraus.
Neu bald kommt das grüne Gras,
Lieschen, klingt’s dann, weißt du was?

Drum, dieweil ihr’s annoch singt,
Und wohl auch manch Glas euch klingt,
Haltet grün der Hoffnung Muth
Seid der Welt, den Menschen gut

Arges viel klebt freilich d’ran;
Beßre d’ran, wer bessern kann.
Thäte jeder Tadler recht,
Um die Welt dann ständ’s nicht schlecht.

Macht euch doch das Leben leicht,
Freundlich euch die Hände reicht,
Hänschen, Lieschen, wißt ihr was,
Eh’ euch deckt das grüne Gras.

Collection: 
1839

More from Poet

  • Liebes Neujahr, weißt du was?
    Komm und kränze Geist und Glas.
    Ist drinn Wein, soll’s lieb uns sein,
    Ist drinn Wasser, mach’s zu Wein.

    Solche Wunder mußt du thun,
    Sollen alle Klagen ruhn;
    Lehr’ die Welt, wie Heiterkeit
    Meister wird der...

  • Mit kalter Kost von Schnee und Frost
    Fand sich der Winter ein;
    Wir nehmen an des Ofens Ost
    Nun Platz beim Kerzenschein.
    Jetzt ist der Himmel selten blau,
    Sturm weht vom Sternenplan:
    Drum bau’n den Himmel wir uns schlau
    In unserm Stübchen an....

  • Der Tage kürzester, die längste Nacht
    Sank auf der Erde Winteröde nieder.
    Die Finsterniß mit bleiernem Gefieder
    Hat ihren Sieg auf Erden nun vollbracht.

    Jetzt wendet steigend sich der Sonne Lauf;
    Es wächst der Tag gleich einem Kind’ auf Erden.
    Gemach...

  • Seht und hört den tollen Knaben
    Auf dem Christmarkt, wie er schreit,
    Alles, Alles will er haben,
    Weil ihn Alles hoch erfreut.

    Hier behelmte, blanke Ritter,
    Dort das Lämmchen schmuck und kraus,
    Hier des Säbels Flamm’ und Flitter,
    Dort der Garten...

  •      

    Unterm Schnee liegt öd’ und traurig,
    Klang- und lautlos, bang’ und schaurig,
    Aller Erdenschmuck versteckt
    Und mit ernster Nacht bedeckt.

    Unterm Schnee ruht vieles Leben,
    Das, dem Jenseits hingegeben,
    Zur Vergangenheit erstarrt,
    ...