Zu stille Liebe

 
Zwei liebten sich und wollten sichs nicht sagen,
Und küßten sich auf eines Kindes Munde,
Und sahen sich nur in des Kindes Augen,
Und sprachen sich nur durch den Mund des Kindes.
Da starb das Kind. Nun konnten sie nicht küssen,
Nicht mehr sich sehn und auch nicht mehr sich sprechen;
Da haben sie sich ganz in sich gezogen,
Und immer fremder sind sie sich geworden
Und haben immer heißer sich geliebet,
Nach Kuß und Blick gesehnt und süßer Rede,
Und sind am End vor Sehnsucht gar gestorben.

Collection: 
1891

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  (Die erste Strophe aus einem Volksliede)

O wie ists möglich dann,
Daß ich dich lassen kann,
Hab dich von Herzen lieb,
Das glaube mir.
Du hast das Herze mein
So ganz genommen ein,
Daß ich...

 
O Lindenbaum, du treuer,
Wie deine Blätter rauschen,
Du alter, ewig neuer,
Wie deine Blätter rauschen.
Ach, Linde, grüne Linde,
Wie schwankst du froh im Winde.
Ich war wie du, o Linde -
Sie...

  (1844)

Ich ging im nächtgen Schweigen
Dahin am Felsenhang;
Es schien der Mond so eigen,
Mir war so seltsam bang.

Da zogen graue Streifen
Durchs tiefe, feuchte Thal
Und drehten sich im Reifen...

 
Ich gehe umher in Träumen,
Ich weiß nicht, wie mir ist.
Dies Heben - dies Verlangen -
Der Lenz hat mich geküßt!

Ich bin ein kleines Vöglein,
Das hoch herunter sieht
Auf Wald und Strom und Berge...

 
Gestern ruht ich an der Quelle,
Lauschte ihrem Murmellauf,
Sieh, da stieg aus klarer Welle
Leis ein reizend Weib herauf.

Mit den Lippen wie Korallen,
Mit der Augen tiefem Blau,
Kaum bedeckt von...