XXVII.
Sieh! kaum glimmt des Stromes Spiegel
Silbermatt im Dämmerlicht,
Und schon schlägt die Sammetflügel
Mir ein Falter ins Gesicht!
Sieh den Abendstern dort blinken,
Tief im Süden, schön und hell!
Lieblich ist und klar zu trinken
Dieser Nachtluft kühler Quell.
Komm' heraus, du junges Leben!
Komm', so leis dein Fuß dich trägt!
Recht in Lieb' und Traum zu schweben,
Wär' ich jetzund aufgelegt.
Und ich habe, Dir zu Ehren,
Einen guten Freund gebracht:
Er will uns die Minne lehren
Durch die kurze Sommernacht.
Liebeslieder sollen schallen,
Die vor siebzig Jahren schon
Unsern Mütterlein gefallen;
Rein klingt ihrer Weise Ton.
Laß uns einmal rückwärts fliegen
In die Zeit, die still und fern:
Dieser Schwärmerei dich schmiegen,
Weiß ich, tust du zwiefach gern!
- "Sie kommt nicht?" fragt mein Begleiter,
"Und schon wird es morgenrot!" -
"Ach, 's ist wahr!" so sag' ich weiter,
"Denn sie ist, wie du, schon tot!
Armer Hölty! Du kannst gehen!
Traurig such' dein kühles Haus!
Sieh'! das frische Morgenwehen
Lacht uns alte Kinder aus!" (S. 98-99)