Wiedersehen

 
Ich riß mich los; - wir seh'n uns endlich wieder,
O weiche nicht erzürnt vor mir zurück!
Zwar schlägt die Reue nicht mein Auge nieder,
Doch tiefe Trauer schaut aus meinem Blick.

So ist der Blick auf eine liebe Leiche -
Ein Eden wirft Erinn'rung in den Sinn -
Wir schauen in das Angesicht, das bleiche
Und wissen: Alles, Alles ist dahin.

O könnte ich dir jetzt das wiedergeben,
Was mich bei deinem Anblick einst entzückt,
Und jeden Zug mit jenem Reiz beleben,
Der plötzlich welkte, als ich dich durchblickt.

Umsonst! Wie weggeschwemmt von einer Welle
Ist jeder Zauber, der mich überwand,
Und ach! ich sehe nur die theure Stelle,
Wo eine schöne Seele mir verschwand.

Unselige! Mit Herzen so zu spielen!
Jetzt wird der Oede dein Gemüth bewußt;
Was ungenügsam du erweckt in Vielen,
Das schläft den Tod im Grabe deiner Brust.

Was du geopfert, suchst du nun vergebens,
Selbst Freundschaft wird durch Argwohn dir vergällt,
Nur Reue lebt mit dir den Rest des Lebens,
In den kein Strahl der gold'nen Jugend fällt.

Zwar – welke Blumen muß Erinn'rung bieten,
Doch leise mahnen sie an Duft und Glanz -
Dir aber bleibt von nachgepfuschten Blüten
Ein dürrer nur, ein dir verhaßter Kranz!

Collection: 
1863

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