Romanze
O bleicher Jüngling im Mondenschein,
Tief dringt mir dein Leid in das Herz hinein;
Du leidest so viel, du leidest so sehr -
O weine, weine, weine nicht mehr!
Es hing der Neumond vom Himmel her,
Sanft wogt' in Silberfunkeln das Meer,
Und rings um der Wogen zitternden Glanz
Stand duftender Hügel Blüthenkranz.
Das Mägdlein still auf dem Söller stand,
Es wußte kaum, was das Herz empfand;
Aus des Jünglings sanftumdämmertem Blick
Strahlt ihm Himmel und Erd' und Meer zurück.
Er fühlet die Lust, er fühlet das Weh,
Tief wogt's in der Brust, wie in wilder See!
O Jüngling so schön, o Jüngling so gut,
Tief wallt's dir im innersten Herzensblut.
Und liebest sie ewig und liebst sie allein?
Und dennoch muß es geschieden seyn?
O bleicher Jüngling im Mondenglanz,
Dein Schmerz zerreißt mir den Busen ganz!
»O Mutter, gieb mir die holde Maid,
Die ich liebe nun und in Ewigkeit!
O Mutter, gieb mir des Herzens Ruh',
Du hast dann zur Tochter den Sohn dazu!«
So flehte die Stimme, so flehte der Blick!
Doch hielt er das bebende Wort zurück:
O Jüngling, dich nähm' ich an Mutterbrust,
Du wärest mein Stolz, mein Glück, meine Lust!
Doch geschieden muß es, geschieden seyn!
Und verhärten das Herz in kalten Stein!
Und ziehen dahin in die düstere Nacht
Aus des warmen Tages wonniger Pracht!
Du bleibst verwais't in dem Zauberland,
Wir ziehen hinab an den kalten Strand;
Wo der Geist verblühet, das Herz erstarrt,
Und die Schönheit nimmer empfunden ward.
Und so traurest du hier, und so trauren wird dort,
Und so rinnet das trauernde Leben fort:
Bis in Lethe's Fluth der Schatten versinkt,
Und Vergessen der Freud' und der Leiden trinkt.
Aus: Neue Gedichte von Friederike Brun geb. Münter
Darmstadt 1812