Sympathie

Es ist nicht anders möglich:
Wenn so aus vollem Herzen
Mit brennenden Gedanken
Der Liebende der fernen
Geliebten denkt, -
Daß nicht zur selben Stunde
Sein Sinnen und Verlangen
Sich wie ein magisch Licht
Auf ihre Seele senkt.

Das sind die Zauberdrähte
Tiefsinniger Empfindung,
An denen durch die Räume
Der Blitz: Gedanke springt
Und in der stillen Ferne
Ein Herz, erfüllt vom Segen
Der heiligen Sympathie,
Mit seinem Stral durchdringt.

Du denkst an Sie und Ihrer
So voll ist deine Seele,
An Wünschen und Gedanken
Für Sie so voll,
Nach Mittheilung begehrend
Und schmerzlich sie entbehrend,
Weil nichts die fremde Welt
Davon gewahren soll: -

Da zuckt es wie erleichternd,
Als ob dein Blut entströme,
Du fühlst, daß dein Gedanke
Die Liebste jetzt umschwebt
Und daß vor seinen Schwingen,
Die wunderbar ihr nahen,
Das gleichgestimmte Herz
Beseligt lauscht und bebt.

Du fühlst's, und Sie dem Räthsel,
Dem Zauber hingegeben,
Sie fühlt nur, daß sie eben
An dich gedenken muß,
Daß Liebe und Begehren
Mit Sehnsucht sie verzehren,
Und daß mit dir zu sein
Ihr Leben und Genuß.

So fließen trotz der Ferne
Zwei Seelen ineinander,
Die heilige Sympathie
Zusammen bringt;
Das sind die Zauberdrähte
Tiefsinniger Empfindung,
An denen durch die Räume
Der Blitz: Gedanke springt.

aus: Freud' und Leid
Lieder und Bilder von C. Dräxler-Manfred
Hannover Carl Rümpler 1858

Collection: 
1838

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