Sonett 306

So oft umweht des müden Schläfers Bette
     Laura, der heil’ge Schatten, daß ichs wage
     Und was ich leid’ und was ich litt, ihr klage,
     Was, weil sie lebt’, ich nie gewaget hätte.

Mit einem Blick begann des Leidens Kette,
     Mit solchem Blick beginnt, was ich ihr sage.
     Dann klag’ ich, wie mich Amors Quaal zernage,
     Wie nichts den Armen und Zufriednen rette.

Sie schweigt und heftet ihre frommen Blicke
     Auf mich voll Mitleid, seufzt und sanfte Zähren
     Ergießen sich zum Schmucke ihrer Wangen.

Die Seele, mir vom Schmerze neu befangen,
     Kann nicht der heft’gen Klage sich erwehren,
     Und kehrt erwachend zu sich selbst zurücke.

Collection: 
Translator Simple: 
Carl Streckfuß
1804

More from Poet

  • Von Amorn zum gewohnten Ort gekehret,
         Stand ich wie einer, der gefaßt zum Streiten,
         Sich vorsieht, sich umschanzt von allen Seiten,
         Mit der Entschlüsse schwachem Schild bewehret.
     
    Ich wandte mich, und staunte süß bethöret,
         Sah...

  • Weh mir, den Amors harter Angriff findet.
         Bey Tag und Nacht zu mehr als tausend Mahlen —
         Hin kehr’ ich, wo ich sah die Funken strahlen,
         Die ew’ge Gluth im Herzen mir entzündet.

    Dort find’ ich Ruhe — Wenn die Nacht verschwindet,
         Wie wenn...

  • Als Cäsar einst aus des Verräthers Hand
         Des großen Feind’s geehrtes Haupt empfangen,
         Fühlt’ er von Freud’ und Jubel sich befangen,
         Ob heuchelnd gleich sein Blick voll Thränen stand.

    Und Hannibal, als nun sein Vaterland
         Das grause...

  • Das goldne Haar, gelößt den sanften Winden,
         Ward neu gelockt in tausend süße Wogen,
         Aus ihrer Augen Doppelsternen flogen
         Die Zauberstrahlen, die mir nun verschwinden.

    Auf ihrem Antlitz Mitleid aufzufinden
         Wähnt’ ich — vielleicht daß mich...

  • Zum alten Kerker hat mich neu geführet
         Amor, mit der Verheißung Schmeichellaut,
         Den Schlüssel hat der Feindinn er vertraut,
         Ob deren noch mein Herz sich selbst verlieret.

    Gefangen war ich schon, eh’ ichs gespüret,
         Doch floh ich aus der...